Rz. 12
Unterschiedlich wird auch vom Standpunkt der prozessrechtlichen Rechtskrafttheorie die Frage beantwortet, ob lediglich eine spätere abweichende Entscheidung ausgeschlossen ist (so z. B. Redeker/von Oertzen, VwGO, § 121 Rz. 5; BVerwGE 35, 339; BSGE 13, 188; wohl auch BSG, SozR 3-1500 § 141 Nr. 6) oder ob jede neue Verhandlung und Entscheidung über den rechtskräftig entschiedenen Streitgegenstand als unzulässig anzusehen ist (so zutreffend die "ne bis in idem"-Lehre der h. M., vgl. z. B. Zeihe, SGG, vor § 141 Anm. 1 C III; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 141 Rz. 6; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, vor § 322 Rz. 19; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rz. 19 f.; mit ausführlicher Darstellung auch zu den Ausnahmen: BGHZ 93, 287; vgl. auch BVerwGE 79, 33). Wird die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, erwächst nur die Entscheidung, dass die in den Urteilsgründen aufgeführte Sachurteilsvoraussetzung fehlt, in Rechtskraft (vgl. BVerwG, 11.11.1988, 8 B 218/98; BSG, Beschluss v. 29.3.2007, B 9a V 7/06 B, Rz. 13; BSG, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 164; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 121 Rz. 69; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rz. 52). Wegen der Verschiedenheit der Rechtskraftwirkung einer Prozess- und einer Sachabweisung sind die Gerichte nicht berechtigt, eine Klage zugleich aus prozessrechtlichen und sachlich-rechtlichen Gründen abzuweisen. Aus diesem Grunde muss eine von der Vorinstanz der Prozessabweisung beigefügte Sachbeurteilung bei der Bestimmung des maßgeblichen Urteilsinhalts als nicht geschrieben behandelt werden (vgl. BVerwG, Beschluss v. 3.11.2000, 6 B 2.00; BVerwG, Urteil v. 12.7.2000, 7 C 3.00; BVerwG, Beschluss v. 24.10.2006, 6 B 47/06; zur NZB bei Abweisung der Klage als unzulässig und unbegründet vgl. BayVGH, Beschluss v. 9.6.2011, 14 ZB 10.2645 u. a.; nach Thüringer OVG, Beschluss v. 25.7.2023, 4 ZKO 362/22, Rz. 9 handelt es sich bei Abweisung einer Klage als unzulässig und unbegründet um ein Prozessurteil). Auch ein die Klage abweisendes Urteil, das die Zulässigkeit der Klage verfahrensfehlerhaft dahinstehen lässt, ist der uneingeschränkten materiellen Rechtskraft fähig, wenn aus dessen Tenor und Entscheidungsgründen ersichtlich ist, dass das Gericht ungeachtet seiner Zweifel an der Zulässigkeit der Klage kein Prozessurteil erlassen, sondern eine Sachentscheidung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil v. 16.1.2008, XII ZR 216/05).