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Es bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 HS 2 Fehler bei der im sozialgerichtlichen Verfahren dem Gericht obliegenden Ermittlungen des Sachverhalts (§ 103) – etwa bei der Auswahl eines Sachverständigen (§ 106 Abs. 3 Nr. 5) – nur gerügt werden können, wenn sie sich auf einen Beweisantrag beziehen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, und dass die Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1) überhaupt nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.9.1991, 1 BvR 765/91). Eine Verletzung des § 103 kann nur dann zu einer Zulassung der Verfahrensrevision führen, wenn das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht nachgekommen ist. Zur Rüge, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, muss der Beschwerdeführer entsprechende Beweisanträge bezeichnen (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 HS 2 i. V. m. § 160a Abs. 2 Satz 3). Grundsätzlich muss eine Nichtzulassungsbeschwerde, die damit begründet wird, dass das Berufungsgericht einem gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, aufzeigen, dass der Beweisantrag protokolliert oder im Urteilstatbestand aufgeführt ist (vgl. BSG, SozR 1500 § 160 Nr. 64). Fehlt es an einer mündlichen Verhandlung, muss ein im Urteilstatbestand enthaltener Beweisantrag bezeichnet werden.

Ein Beweisantrag, der mit der Rüge der Verletzung des § 103 zur Zulassung der Revision führen kann, muss ein Beweisantrag im Sinne dieser Vorschrift sein, also unzweifelhaft erkennen lassen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen für erforderlich gehalten wird (vgl. BSG, Beschluss v. 15.3.1999, B 4 RA 199/98 B; BSG, Beschluss v. 1.2.1999, B 4 RA 144/98 B). Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen geführt werden, dass der Kläger die gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl. hierzu BSG, SozR 1500 § 160 Nr. 67). Er ist dann anzunehmen, wenn der Verfahrensbeteiligte bestimmte Tatsachen behauptet und hierzu Beweismittel benennt. Der Beweisantrag entfaltet nur dann eine Warnfunktion, wenn er verfahrensgerecht formuliert ist, also Beweisthema und Beweismittel benennt. Die Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten, die in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind, und ihrem Inhalt nach lediglich als Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluss der von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl. BSG, Beschluss v. 25.8.1999, B 2 U 171/99 B).

Auch ein Beweisermittlungsantrag genügt nicht (vgl. BSG, Beschluss v. 19.12.2001, B 11 AL 215/01 B; BSG, Beschluss v. 29.9.1998, B 1 KR 43/97 B). Er dient dem Ausforschen eines tatsächlich oder vermeintlich entscheidungserheblichen Sachverhalts mittels unsubstantiierter Behauptungen und ohne konkretisiertes Beweisthema (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.1.2007, L 16 R 487/06; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 21.7.2004, L 10 KA 48/03). Kennzeichnend ist insofern, dass das Gericht erst Tatsachen ermitteln soll, die die Behauptungen des Klägers stützen könnten (vgl. LSG Hessen, Urteil v. 9.10.2006, L 9 AL 1200/03). Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht i. S. v. § 160 Abs. 2 Nr. 3 übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er bis zur Entscheidung des LSG nicht weiterverfolgt wurde. Ist ein Prozessbeteiligter rechtskundig vertreten, gilt sein schriftsätzlich während des Verfahrens gestellter Beweisantrag nur dann als bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten, wenn er als solcher zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung wiederholt oder im Urteil des LSG erwähnt wird (vgl. BSG, Beschluss v. 25.9.2007, B 13 R 377/07 B); eine protokollierte Kritik an einem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten reicht insoweit nicht aus (vgl. BSG, Beschluss v. 29.3.2007, B 9a VJ 5/06 B). Im Falle eines rechtskundig vertretenen Beteiligten ist ferner regelmäßig anzunehmen, dass sich ein zuvor gestellter Beweisantrag erledigt, wenn er diesen nach Erhalt einer Anhörungsmitteilung i. S. v. § 153 Abs. 4 Satz 2 nicht wiederholt (vgl. BSG, Beschluss v. 18.12.2000, B 2 U 336/00 B). Wird ein schriftsätzlich gestellter Beweisantrag durch Vorlage neuer ärztlicher Stellungnahmen überholt, kann das LSG diesen als erledigt ansehen, wenn der rechtskundig vertretene Kläger den Beweisantrag nicht ausdrücklich wiederholt (vgl. BSG, Urteil v. 27.2.2002, B 9 SB 9/01 R; BSG, SozR 3-1500 § 160 Nr. 29). Auch wer im Berufungsverfahren vorbehaltlos sein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2) erklärt, bringt sinngemäß zum Ausdruck, dass sich etwa zuvor gestellte Beweisanträge erledigt haben und...

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