1 Allgemeines
Rz. 1
§ 160 regelt die Statthaftigkeit der Revision, demnach in welchen Fällen gegen eine Entscheidung des LSG die Revision das zulässige Rechtsmittel ist.
Rz. 2
Durch das Gesetz zur Änderung des BVerfGG v. 2.8.1993 (BGBl. I S. 1442) wurde als weiterer Zulassungsgrund die Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Abs. 2 Nr. 2 eingeführt. Über § 202 traten Änderungen des Revisionsverfahrens aufgrund des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) ein. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung v. 4.11.2008 (BGBl. I S. 2130) erfolgte eine redaktionelle Änderung in Abs. 1, "§ 160a Abs. 4 Satz 2" wurde ersetzt durch "§ 160a Abs. 4 Satz 1". Ergänzt wurde § 160 Abs. 1 um die Formulierung "und gegen den Beschluss nach § 55a Abs. 5 Satz 1" durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 29.3.2011 (BGBl. I S. 453). Hierbei handelt es sich um eine Folgeänderung zur Einführung des § 55a, wonach das Landessozialgericht über die Gültigkeit von Satzungen oder anderen Rechtsvorschriften nach § 22a Abs. 1 SGB II und dem dazu ergangenen Landesgesetz zu entscheiden hat (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 132).
Rz. 3
Gegenstand der Revision können Urteile und urteilsersetzende Beschlüsse des LSG (§§ 153 Abs. 2, 158 sowie Beschlüsse nach § 55a Abs. 5) sein, im Fall der Sprungrevision (§ 161) auch ein Urteil des SG. Die Revision dient der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortbildung des Rechts, soll jedoch nicht eine weitere Entscheidung des Rechtsstreits im Einzelfall ermöglichen (vgl. BSG, Urteil v. 24.4.2008, B 9/9a SB 10/06 R). Demgemäß ist die Revision auf eine Rechtskontrolle reduziert. Als Rechtsmittel ist die Revision mit Suspensiv- und Devolutiveffekt versehen. Revisionsgericht ist das BSG (§ 39 Abs. 1).
2 Revisionsführer
Rz. 4
Die Revision steht den Beteiligten (§ 69) zu, demnach können auch Beigeladene (§ 75) Revision einlegen, wenn sie durch die angefochtene Entscheidung beschwert sind. Dies folgt auch aus der Rechtskraftwirkung nach § 141 Abs. 1 für sämtliche Beteiligte des Verfahrens (vgl. BSG, Urteil v. 29.3.2007, B 9a V 7/06 B). Die von einem Beigeladenen eingelegte Revision wird auch nicht dadurch unzulässig, dass ein Hauptbeteiligter seine Revision zurücknimmt (vgl. BSG, Urteil v. 27.11.1962, 3 RK 37/60). Ein durch das Urteil bzw. einen urteilsersetzenden Beschluss beschwerter Beteiligter hat Anspruch auf Zulassung der Revision, wenn eine der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt ist. Die Revision eines Beigeladenen ist nicht deswegen unstatthaft, weil er gegen das erstinstanzliche Urteil keine Berufung eingelegt hat (Zeihe, § 160 Rz. 4b).
3 Anschlussrevision
Rz. 5
Die Anschlussrevision ist im SGG nicht ausdrücklich geregelt, aber auch hier statthaft (§ 202 SGG i. V. m. § 554 ZPO; dazu BSG, Urteil v. 21.7.1977, 7 RAr 12/76; BSG, Urteil v. 24.11.1978, 11 RA 9/78).
Rz. 6
Eine Anschlussrevision liegt vor, wenn der Revisionsbeklagte über den Antrag hinausgeht, die Revision des Klägers zurückzuweisen (vgl. BSG, Urteil v. 6.2.2001, B 10 LW 19/00 R). Die Anschließung erfolgt durch Einreichung einer Revisionsanschlussschrift beim Revisionsgericht. Wendet sich der Beteiligte allerdings innerhalb der Revisionsfrist an das BSG mit dem Begehren, das Berufungsurteil zu seinen Gunsten abändern zu lassen, so handelt es sich nicht um eine Anschlussrevision, sondern um eine eigenständige Revision dieses Beteiligten. Die Anschließung setzt demzufolge voraus, dass sie nach Ablauf der Revisionsfrist erklärt wird. Gemäß § 554 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision nach Ablauf der Revisionsfrist anschließen, wenn er dies binnen eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung erklärt (vgl. BSG, Urteil v. 27.4.2010, B 5 R 8/08 R; BSG, Urteil v. 24.5.2006, B 3 KR 15/05 R; BSG, Urteil v. 6.2.2001, B 10 LW 19/00 R; BSG, Urteil v. 13.12.2000, B 9 VS 1/00 R; BSG, Urteil v. 3.8.1999, B 4 RA 34/99 R; BSG, Urteil v. 25.3.1999, B 9 SB 12/97 R; BSG, SozR 3-3200 § 81 Nr. 18; anders § 524 Abs. 2 ZPO i. d. F. des 1. Justizmodernisierungsgesetzes ab 1.9.2004: Für die Einlegung und Begründung der Anschlussberufung gilt die Frist, die dem Berufungsbeklagten zur Berufungserwiderung gesetzt worden ist). Die Anschlussrevision ist auch dann statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist für ihn verstrichen oder die Revision nicht zugelassen ist (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Bei einer außerhalb der Revisionsfrist eingelegten unselbständigen Anschlussrevision handelt es sich nicht um ein Rechtsmittel, sondern lediglich um einen (privilegierten) Antrag innerhalb der Hauptrevision (vgl. BSG, Urteil v. 25.3.1999, B 9 SB 12/97 R; BSG, Urteil v. 17.2.1998, B 13 RJ 79/95 R; BSG, Breithaupt 1990 S. 86). Die Anschlussrevision setzt eine Beschwer durch die vorinstanzliche Entscheidung voraus. Mit ihr muss ein der Revision entgegengesetzter Antrag verfolgt werden ...