Rz. 12
Das BSG prüft, ob im Zeitpunkt der Entscheidung ein Zulassungsgrund vorliegt. Unerheblich ist dabei zunächst, ob und inwieweit die beabsichtigte Revision tatsächlich Erfolg verspricht. Die Prüfung ist auf die vorgetragenen Zulassungsgründe beschränkt (vgl. Wenzel, NJW 2002 S. 3353, 3359 m. w. N.). Sofern die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage behauptet wird, kann das BSG nicht wegen einer anderen Rechtsfrage zulassen (vgl. Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, Rz. 875). Entsprechendes gilt bei Divergenz; zugelassen wird wegen der aufgezeigten Divergenz und nicht wegen einer solchen, die nur das BSG erkannt hat. Problematisch erscheint die Auffassung, dass das BSG wegen Divergenz zulassen kann, wenn der Beschwerdeführer nur grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht hat und diese nicht vorliegt (vgl. Peters/Sautter/Wolff, § 160a Rz. 78; Leitherer , in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, § 160a Rz. 19a) oder Darlegungen zur Divergenz die grundsätzliche Bedeutung belegen (vgl. BSG, SozR 1500 § 160 Nr. 28). Dem steht entgegen, dass an die Begründungspflicht hohe Anforderungen zu stellen sind. Liegen die Voraussetzungen der Grundsatzzulassung nicht vor, handelt es sich aus Sicht des BSG vielmehr um einen Fall der Divergenz, müsste die Beschwerde an sich verworfen werden, weil der Beschwerdeführer hinsichtlich der Divergenz die formellen Begründungsanforderungen nicht erfüllt hat. Andererseits stehen Divergenz- und Grundsatzrevision in einem inneren Zusammenhang miteinander; die Divergenz stellt gewissermaßen einen besonderen Fall der Grundsatzrevision dar (vgl. Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, Rz. 373). Dies rechtfertigt es, dass wegen Divergenz zugelassen wird, obgleich nur zur Grundsatzrevision vorgetragen worden ist bzw. umgekehrt (vgl. auch Wenzel, NJW 2002 S. 3353, 3359). Im Verhältnis beider Zulassungsgründe zur Verfahrensrevision gilt indessen etwas anderes. Hier muss es dabei verbleiben, dass nur die vorgebrachten Mängel geprüft werden, um zu verhindern, dass das BSG gezwungen wird, das gesamte Verfahren vor dem LSG zu prüfen.
Rz. 13
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben, wenn zwar nicht die bezeichnete Rechtsfrage, wohl aber eine mit der Beschwerde nicht vorgetragene andere Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn zwar nicht der bezeichnete Rechtsfehler zulassungsrelevant ist, wohl aber ein anderer – nicht gerügter – Rechtsfehler. Es ist nicht die Aufgabe des Revisionsrichters, bei der Zulassungsprüfung die Akten daraufhin durchzusehen, ob sich aus ihnen ein nicht geltend gemachter sonstiger Zulassungsgrund ergibt (vgl. auch BVerwG, NJW 2002 S. 2807, zur ungefragten gerichtlichen Fehlersuche). Ungerügte Mängel sind im Beschwerdeverfahren auch dann nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sie bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen berücksichtigt werden müssten.
Rz. 14
Die Revision ist auf eine form- und fristgerechte Nichtzulassungsbeschwerde hin dann nicht zuzulassen, wenn bereits aus dem Beschwerdeverfahren ersichtlich ist, dass das Berufungsurteil sich im Ergebnis als richtig erweist (vgl. BSG, Beschluss v. 3.3.2009, B 1 KR 69/08 B; BSG, Beschluss v. 12.12.2006, B 2 U 130/06 B; BSG, Beschluss v. 8.2.2000, B 1 KR 29/99 B; anders noch BSG, Beschluss v. 16.11.2000, B 4 RA 122/99 B). Relevant kann das Problem im Hinblick auf das Erfordernis der Klärungsfähigkeit bei der Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung und dem Erfordernis des "Beruhens" bei der Zulassung wegen Divergenz sowie bei der Zulassung wegen eines Verfahrensmangels werden. Hier überzeugt das Argument, dass ein Verfahren nicht wegen eines Fehlers fortgeführt werden soll, der ersichtlich für das Ergebnis bedeutungslos ist (vgl. BSG, Beschluss v. 17.8.2011, B 6 KA 18/11 B). Die Unterscheidung zwischen dem Beschwerde- und dem eigentlichen Revisionsverfahren steht einer Prüfung der Erfolgsaussicht in diesen Ausnahmefällen nicht entgegen.