Rz. 28

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs. 2 Nr. 3), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs. 2 Satz 3) die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl. BSG, Beschluss v. 19.11.2007, B 5a/5 R 382/06 B; BSG, Beschluss v. 7.9.2007, B 1 KR 83/07 B; BSG, Beschluss v. 15.8.2007, B 1 KR 65/07 B; BSG, Beschluss v. 10.8.2007, B 1 KR 58/07 B; BSG, Beschluss v. 21.12.2021, B 4 AS 232/21 B). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

Gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 HS 2 kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl. BSG, Beschluss v. 19.11.2007, B 5a/5 R 382/06 B; BSG, SozR 1500 § 160a Nr. 14 und 36; BVerwG, NJW 1976 S. 1705; BGH, NJW 1987 S. 2442, 2443). Macht z. B. ein Kläger, ohne die verletzte Verfahrensvorschrift konkret zu benennen, im Kern einen Fehler des Berufungsgerichts bei der Erfassung des Sachverhalts und somit im Rahmen der Beweiswürdigung geltend, legt er den Verfahrensmangel nicht in zulässiger Weise dar (vgl. BSG, Beschluss v. 27.10.2006, B 6 KA 38/06 B).

 

Rz. 29

Die Nichtzulassungsbeschwerde muss folgende Begründungsschwerpunkte aufweisen:

  • genaue Darstellung des behaupteten Verfahrensmangels unter Wiedergabe des ihn begründenden Sachverhalts,
  • eine Darlegung der Rechtsansicht des LSG,
  • Ausführungen zur Möglichkeit einer Urteilsbeeinflussung durch den Verfahrensfehler.
 

Rz. 30

Eine Verletzung des § 103 ist nur dann substantiiert dargelegt, wenn der Beschwerdeführer aufzeigt, aus welchen Gründen sich das SG von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt sehen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklären; denn ob einem Gericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist nicht nach der Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts, sondern nach der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen, dem der Verfahrensverstoß vorgeworfen wird (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 66 Nr. 3; BSGE 2 S. 84, 87; BSG, Urteil v. 23.6.1959, 2 RU 257/57; BSG, SozR Nr. 133 zu § 54 SGG und SozR 1500 § 160a Nr. 34).

Die aus § 160a Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 3 abzuleitenden Anforderungen an die Begründung der Rüge eines Verstoßes gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht hat das BSG wie folgt zusammengefasst (vgl. BSG, Beschluss v. 19.11.2007, B 5a/5 R 382/06 B; BSG, Beschluss v. 23.5.2007, B 6 KA 27/06 B): Die Beschwerdebegründung muss

  1. einen ohne weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist,
  2. die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen,
  3. die von dem Beweisantrag betroffenen Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten,
  4. das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und
  5. schildern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann.
 

Rz. 31

Grundsätzlich muss eine Nichtzulassungsbeschwerde, die damit begründet wird, das Berufungsgericht sei einem gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, aufzeigen, dass der Beweisantrag protokolliert oder im Urteilstatbestand aufgeführt ist (vgl. BSG, SozR 1500 § 160 Nr. 64; BSG, Beschluss v. 19.10.2021, B 5 R 204/21 B). Ist ein Prozessbeteiligter rechtskundig vertreten, gilt sein schriftsätzlich während des Verfahrens gestellter Beweisantrag nur dann als bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten, wenn er als solcher zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung wiederholt oder im Urteil des LSG erwähnt wird (vgl. BSG, Beschluss v. 29.3.2007, B 9a VJ 5/06 B). Eine protokollierte Kritik reicht nicht aus. Wird gerügt, der Grundsatz des rechtlichen Gehörs sei verletzt worden, muss vorgetragen werden, welchen erheblichen Vortrag das Gericht nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil darauf beruhen kann. Macht der Beschwerdeführer geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit richterlichen Hinweispflichten verletzt worden, so muss er darlegen, was er im Fall der Gelegenheit zur Äußerung auf einen richterlichen Hinweis vorgetragen hätte; dabei ist der zunächst unterbliebene Sachvortrag so vollständig nachzuholen, dass er nunmehr schlüssig ist (vgl. BGH, NJW 2003 S. 2534). Wenn der Antrag auf Ladung eines medizinischen Sachverständigen als Ausübung des Fragerechts nach §§ 116, 118 verstanden wird, so muss in der Begründung der Nichtzulassung...

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