1 Allgemeines
Rz. 1
§ 164 SGG war bereits in der ursprünglichen Fassung des SGG v. 3.9.1953 (BGBl. I S. 1239) enthalten und ist durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes v. 30.7.1974 (BGBl. I S. 1625) neu gefasst worden. Infolge des Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG) v. 22.3.2005 (BGBl. I S. 837) ist an Abs. 1 der jetzige Satz 3 ("Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittel werden.") angefügt worden. Das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) hat mit Wirkung zum 1.1.2012 lediglich zu einer redaktionellen Änderung in Abs. 1 geführt.
Rz. 2
Das Revisionsverfahren ist im Gegensatz zum erst- und zweitinstanzlichen Verfahren nach strengen förmlichen Vorgaben ausgestaltet. Die Nichteinhaltung der Formvorschriften führt zur Unzulässigkeit der Revision. Die formellen Voraussetzungen entsprechen denen der anderen öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen (§ 139 VwGO, § 120 FGO). Die ZPO weicht hiervon zum Teil ab. Nach § 548 ZPO beträgt die Revisionsfrist einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung. Die Revisionsbegründung muss innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung, spätestens jedoch 5 Monate nach Verkündung begründet werden (§ 551 Abs. 2 ZPO). Die Formstrenge des Revisionsverfahrens ist durch den Vertretungszwang (§ 73 Abs. 4) gerechtfertigt.
2 Einlegung der Revision beim BSG (Abs. 1)
Rz. 3
Auch nach Zulassung der Revision im Urteil des LSG oder durch Zulassung des BSG bedarf es einer gesonderten Revisionseinlegung. Die Revision kann nur bei dem Revisionsgericht eingelegt werden. Die Einlegung bei anderen Gerichten oder Behörden ist nicht fristwahrend. § 91 Abs. 1 ist nicht anwendbar.
Ist die Revisionsschrift unrichtig an das LSG adressiert, wird die Frist nur gewahrt, wenn das LSG die Revisionsschrift weiterleitet und diese fristgerecht beim BSG eingeht. Leitet das LSG eine ihm vorgelegte Revisionsschrift nicht fristgerecht an das BSG weiter, kommt eine Wiedereinsetzung in Betracht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch dann gewährt werden, wenn eine fristwahrende Rechtsmittelschrift an das unzuständige Gericht übersandt worden ist und infolge pflichtwidrigen Verhaltens dieses Gerichts erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht eingeht (vgl. schon BSG, Beschluss des Großen Senats v. 10.12.1974, GS 2/73; BSG, Beschluss v. 14.12.2010, B 10 EG 4/10 R).
Die beim LSG trotz Zulassung der Revision durch das SG eingelegte Berufung ist nicht in eine Revision umzudeuten. Mit der Berufungseinlegung hat der Beteiligte gerade unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht von dem Rechtsmittel der Revision Gebrauch machen will.
2.1 Einlegung der Revision als bedingungsfeindliche Prozesshandlung
Rz. 4
Die Revision ist eine bedingungsfeindliche Prozesshandlung (vgl. BSG, Urteil v. 24.4.1975, 2 RU 63/75). Eine von der Vorinstanz nicht zugelassene Revision ist unzulässig, wenn sie unter der Bedingung der Zulassung durch das Revisionsgericht eingelegt wird (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil v. 3.7.1985, 3 RK 13/84; BSG, Urteil v. 19.3.2010, B 14 AS 71/09 R; Zeihe, § 164 Rz. 10a). Wird mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe ein Schriftsatz eingereicht, der den Anforderungen an eine Revisionsschrift erfüllt, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um ein unter der Bedingung der Prozesskostenhilfegewährung erhobenes und damit unzulässiges Rechtsmittel, um ein unabhängig von der Prozesskostenhilfegewährung eingelegtes Rechtsmittel oder nur um den Entwurf eines künftig einzulegenden Rechtsmittels handelt, der nur der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags dient (vgl. BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 36/92).
2.2 Form (Abs. 1)
2.2.1 Schriftlichkeit
Rz. 5
Die Revision kann nur schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 65a eingelegt werden (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 151). Sie ist vom Prozessbevollmächtigten eigenhändig zu unterzeichnen. Innerhalb der Revisionsfrist kann ein etwaiger Formmangel beseitigt werden. Die von einem Beteiligten selbst eingelegte Revision ist unzulässig. Zur Niederschrift des Urkundsbeamten kann die Revision nicht eingelegt werden. Eine telegrafische oder fernschriftliche Einlegung ist zulässig. Gleiches gilt für Einlegung durch Telebrief oder Telefax. Die Anwendung dieser Verfahren macht die notwendige Unterzeichnung von Schriftsätzen zur Rechtsmitteleinlegung und -begründung jedoch nicht entbehrlich (vgl. dazu GemSOGB, Beschluss v. 5.4.2000, GmS-OGB 1/98). Wird eine Datei, die eine Berufungsschrift enthält, ohne erforderliche qualifizierte elektronische Signatur über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach übermittelt, so erfüllt ihr Ausdruck durch das Gericht nicht die Anforderungen an die Schriftform. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Datei eine Unterschrift enthält oder auf welche Weise diese Unterschrift generiert wurde (vgl. BSG, Ur...