Rz. 3
Die anderen Verfahrensordnungen kennen eine § 170a vergleichbare Regelung nicht. Die VwGO sieht keinerlei Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Abfassung des Revisionsurteils vor; hingegen müssen die beim Bundesarbeitsgericht tätigen ehrenamtlichen Richter das Revisionsurteil unterschreiben (§ 75 Abs. 2 ArbGG). Die Regelung des § 170a liegt in der Mitte und stellt einen Kompromiss dar. Bundesrat und Rechtsausschuss hatten u. a. wegen der durch die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter eintretenden Verzögerung und unter dem Gesichtspunkt der Vereinheitlichung des Verfahrensrechts darauf gedrungen, die Vorschrift zu streichen. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung ist dem nicht beigetreten (vgl. BT-Drs. 7/2024). Nach seiner Auffassung entspricht es der Stellung der ehrenamtlichen Richter beim BSG, dass sie sich zu den Urteilsgründen äußern und auf deren Abfassung Einfluss nehmen können; die hiermit – im Verhältnis zur Gesamtverfahrensdauer – geringfügige Verzögerung könne hingenommen werden (vgl. BT-Drs. 7/2024). In der amtlichen Begründung (vgl. BT-Drs. 7/861 S 15) heißt es hierzu ferner: "Wegen der Bedeutung, die den Urteilen des BSG im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zukommt, sollen die ehrenamtlichen Richter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, sich zu den Urteilsgründen äußern können."
Rz. 4
Die Gesetzesbegründung ist letztlich nicht völlig überzeugend und nur im Hinblick auf den Kompromisscharakter der Regelung verständlich. Denn um den sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Zweck vollständig gerecht zu werden, müssten die ehrenamtlichen Richter – wie nach § 75 Abs. 2 ArbGG – konsequenterweise das Revisionsurteil unterzeichnen. Da die Entscheidungen des BVerwG und des BFH wohl kaum weniger die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sicherstellen sollen, hätte mit der Begründung in BT-Drs. 7/2024 und BT-Drs. 7/861 naturgemäß auch dort eine entsprechende Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter eingeführt werden müssen (vgl. kritisch zur Vorschrift auch Peters/Sautter/Wolff, § 170a Rz. 2).
Rz. 5
Der Urteilsentwurf muss den ehrenamtlichen Richtern vor Übermittlung an die Geschäftsstelle zugeleitet werden, diese können sich dann innerhalb von 2 Wochen hierzu äußern. Unterbleibt innerhalb der Frist von 2 Wochen nach Zugang des Entwurfs eine Äußerung, wird der Entwurf der Geschäftsstelle zugeleitet. Begehrt einer der ehrenamtlichen Richter eine Änderung, entscheiden die Berufsrichter nach erneuter Beratung über die endgültige Fassung der Urteilsgründe durch Beschluss (§ 9 Abs. 2 GO BSG). Dieser wird den ehrenamtlichen Richtern, nicht jedoch den Beteiligten zugeleitet (vgl. Peters/Sautter/Wolff, § 170a Rz. 5; Schlegel, in: Hennig, § 170a Rz. 7 ff.).