1 Allgemeines
Rz. 1
§ 172 Abs. 1 i. d. F. des Art. 8 Nr. 13 gilt nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 3 des Gesetzes v. 11.1.1993 (BGBl. I S. 50) mit Wirkung zum 1.3.1993. Die Vorschrift ist durch das SGGArbGÄndG mit Wirkung zum 1.4.2008 nachhaltig geändert worden. Die Änderungen verfolgen zwei Ziele. Sie dienen einer Anpassung an § 146 VwGO und sollen die Landessozialgerichte entlasten (vgl. BT-Drs. 16/7716 S. 27). Die Beschwerde wird ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, in Verfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe verneint und für Kostengrundentscheidungen nach § 193, soweit in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben wäre und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR nicht übersteigt. Ferner wird das Abhilfeverfahren im Beschwerdeverfahren (§ 174) aufgehoben.
Rz. 1a
§ 172 Abs. 3 Nr. 4 hat seine derzeitige Fassung durch Art. 10a Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG) v. 30.10.2008 (BGBl. I S. 2130) mit Wirkung zum 5.11.2008 erhalten. Die vorherige Bezugnahme auf § 192 Abs. 2 wurde in eine solche auf § 192 Abs. 4 geändert und damit ein Redaktionsversehen bereinigt (vgl. BT-Drs. 16/9788 S. 23).
Rz. 1b
Sodann ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 durch Art. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 5.8.2010 (BGBl. I S. 1127) mit Wirkung zum 11.8.2010 dahin geändert worden, dass als Halbsatz angefügt wurde: "dies gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren."
Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Beschwerde vgl. Vorbemerkung zu § 172.
2 Rechtspraxis
2.1 Beschwerdefähige Entscheidung (Abs. 1)
2.1.1 Einführung
Rz. 2
Beschwerdefähig sind nach § 172 Abs. 1 alle Entscheidungen des SG und der Vorsitzenden dieser Gerichte, sofern es sich nicht um Urteile und Gerichtsbescheide handelt und die Beschwerde nicht durch Sonderregelungen ausgeschlossen ist (zur Beschwerdefähigkeit fehlerhafter Entscheidungen vgl. Kommentierung vor § 143 Rz 19 f.). Nicht beschwerdefähig sind grundsätzlich die Entscheidungen des LSG, des Senatsvorsitzenden (§ 177) sowie des Berichterstatters (§ 177 i. V. m. § 155 Abs. 4). Beschwerdefähig ist allerdings das die Revision nicht zulassende Urteil des LSG (§ 160a, Nichtzulassungsbeschwerde) sowie gemäß § 202 SGG i. V. m. § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 GVG i. d. F. des 4. VwGO-ÄndG die Rechtswegentscheidung des LSG (hierzu BSG, Beschluss v. 11.8.1994, 3 BS 1/93, SozR 3-1500 § 51 SGG Nr. 13; BSG, Beschluss v. 8.8.1996, 3 BS 1/96, SozR 3-1500 § 51 SGG Nr. 19; LSG NRW, Beschluss v. 17.10.2000, L 10 B 3/00 V).
Rz. 3
Beschwerdefähig sind:
- Kostenentscheidung des SG bei einer formal inkorrekten Entscheidung, wenn es statt durch beschwerdefähigen Beschluss (§ 172 Abs. 1) durch ein insoweit nicht berufungsfähiges Urteil (§ 144 Abs. 4) über die Kosten entschieden hat (BSG, Beschluss v. 13.8.1997, 9 RVs 8/96).
- Berichtigungsbeschluss, auch wenn das berichtigte Urteil nicht mit der Berufung angefochten werden kann (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 11.8.1980, L 1 Sb 8/78, MDR 1980, 1052).
- Entscheidung über die Bestellung eines besonderen Vertreters (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 24.8.1993, L 1 Sb 55/93; LSG Niedersachsen, Beschluss v. 28.8.1975, L 3 S [U] 29/75, Breithaupt, 1976 S. 60).
- Kostenübernahme nach § 109 (LSG Hessen, Beschluss v. 29.5.1968, L 5 V 105/68, Breithaupt 1969 S. 270).
- Ausschließung vom Verfahren (LSG NRW, Beschluss v. 2.8.1989, L 10 S 7/89, rv 1990 S. 174).
- Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts zu den Bedingungen eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Anwalts (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 28.11.1985, L 5 Sb 52/85, Breithaupt 1986 S. 449).
- Klärung von Zweifeln, ob die gegen einen Verwaltungsakt erhobene Klage aufschiebende Wirkung hat (hierzu Kommentierung § 86 Rz 10 ff.).
- Wiedervorlageverfügung des Kammervorsitzenden, die ersichtlich davon getragen wird, die Entscheidung des BSG in einem gleich oder ähnlich gelagerten Fall abzuwarten (LSG Hessen, Beschluss v. 10.2.1984, L 2 B 59/83, NJW 1985 S. 992; vgl. aber Rz. 7 ff.).
- Entscheidung des Kammervorsitzenden, vorerst keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, ausnahmsweise dann, wenn das Rechtsschutzinteresse eines Beteiligten nach seinem schlüssigen Vorbringen durch die entstehende Verzögerung irreparabel verkürzt würde (LSG NRW, Beschluss v. 5.8.1982, L 12 S 20/82; vgl. aber Rz. 7 ff.).
- Aussetzungsbeschluss (LSG Bayern, Beschluss v. 15.11.2010, L 13 R 557/10 B) und Aufhebung eines Aussetzungsbeschlusses (§ 114) .
- Verweisungsbeschluss eines SG, der auf den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers ergangen ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 22.12.1983, L 9 X 148/83).
- Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (auf eine erst nach Abschluss der 1. Instanz eingelegte aber ...