Rz. 19
§ 2 GKG regelt, in welchen Verfahren (sachliche Kostenfreiheit) bzw. für welche Personen (persönliche Kostenfreiheit) Kostenfreiheit besteht. Die von § 197a Abs. 1 und 2 erfassten Beteiligten sind von der Zahlung von Kosten (Gebühren und Auslagen) befreit (§ 2 Abs. 1 und Abs. 3 GKG). Die Kosten entstehen zwar, werden aber vom Staat nicht erhoben (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GKG). Ein Begünstigter nach § 2 Abs. 1 und 2 GKG haftet nicht für die Kosten nach §§ 22, 29 GKG. Nach § 2 Abs. 1 GKG sind von der Kostenpflicht befreit:
- der Bund mit sämtlichen Bundesministerien und nachgeordneten unmittelbaren Behörden (entscheidend ist die Rechtsträgerschaft des Bundes);
- die Länder mit sämtlichen Landesministerien und nachgeordneten unmittelbaren Behörden (entscheidend ist die Rechtsträgerschaft eines Landes);
- öffentliche Anstalten und Kassen, die nach den Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes für Rechnung des Bundes oder des Landes verwaltet werden. Es muss ein selbstständiges Unternehmen mit eigener Verfassung und Verwaltung und einem sog. Sondervermögen sein, das nach außen als eigene Rechtsperson handelt, wie z. B. das Bundeseisenbahnvermögen, unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Bundes oder eines Landes dienen soll und dessen Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan des Landes nach kameralistischen Grundsätzen unmittelbar ausgewiesen sind. Die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens müssen in den Haushaltsplan des Landes aufgenommen sein (BGH, Beschlüsse v. 27.10.1981, VI ZR 108/76, und v. 10.12.2008, KVR 54/07; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 21.12.2009, L 1 SF 1/08). Es genügt nicht, dass die Ergebnisse der wirtschaftlichen Tätigkeit der Anstalt oder Kasse irgendwie im Haushaltsplan der kostenbefreiten Gebietskörperschaft erscheinen (BGH, Beschluss v. 19.2.2009, V ZR 172/08). Eigenbetriebe, eigenständige Träger (Agentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung Bund), selbstständig verwaltete juristische Personen sind nicht kostenbefreit;
- ein Gläubiger der Forderung in einem Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen einer öffentlich-rechtlichen Forderung ohne Berücksichtigung des § 252 AO. Als Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs gilt diejenige Körperschaft, der die Vollstreckungsbehörde angehört.
Der Befreiung von der Kostenpflicht nach § 2 Abs. 1 GKG liegt der Grundsatz der Kostenkompensation zugrunde. Bund und Länder genießen Kostenfreiheit, weil sie als Träger der Justizhoheit den Aufwand für die Errichtung und Unterhaltung der Gerichtsorganisation zu tragen haben (BGH, Beschlüsse v. 12.2.2009, IX ZB 215/07, und v. 24.7.2014, III ZR 102/12). Kommunale Gebietskörperschaften sind nicht kostenbefreit (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.5.2007, I-10 W 65/07; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 11.6.2008, L 7 SB 129/06). Dies gilt nicht für die Stadtstaaten, da nicht zwischen staatlichen und kommunalen Aufgaben unterschieden werden kann (BGH, Beschluss v. 3.5.1954, III ZR 361/52).
Die Voraussetzungen der Kostenfreiheit müssen beim Beteiligten vorliegen, der nach §§ 22-29 GKG Kostenschuldner wäre. § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG gewährt nur eine auf die Person des Kostenschuldners bezogene Kostenbefreiung (BGH, Beschluss v. 19.2.2009, V ZR 172/08).
Rz. 20
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GKG bleiben sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung der Kosten gewährt ist, in Kraft.
Abweichend von § 188 Satz 2 VwGO sind die Träger der Sozialhilfe (SGB XII), der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II; BSG, Beschluss v. 19.2.2018, B 6 SF 3/17 S zur Befreiung der Bundesagentur für Arbeit von Gerichtskosten, wenn sie als Rechtsträgerin der die Vollstreckung für das Jobcenter betreibenden Stelle tätig wird) und der Leistungen nach dem AsylbLG, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht grundsätzlich von der Erhebung von Gerichtskosten befreit, sondern nur in Verfahren gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 HS 1 SGB X. Die Befreiung von den Kosten tritt nur ein, wenn die in § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X aufgeführten Leistungsträger in dieser Eigenschaft am Verfahren beteiligt sind , sie Aufgaben nach dem SGB II, dem SGB VIII, dem SGB XII, dem AsylbLG oder der Kriegsopferfürsorge erfüllen. Das Streitverfahren muss einen engen sachlichen Zusammenhang zur gesetzlichen Tätigkeit als Träger der Sozialhilfe, der Jugendhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Kriegsopferfürsorge haben (BGH, Beschluss v. 10.11.2005, IX ZR 189/02; BSG, Beschlüsse v. 28.1.2016, B 13 SF 3/16 S, und v. 19.2.2018, B 6 SF 3/17 S; KG Berlin, Beschluss v. 18.5.2009, 19 WF 13/09). Bei der Wahrnehmung anderer Aufgaben, wie z. B. Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes, unterfallen die in § 64 Abs. 3 Satz 2 HS 1 SGB X aufgeführten Leistungsträger nicht der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 GKG (BSG, Beschluss v. 13.12.1994, 13 S [J] 7/94 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 GKG a. F.). Ko...