1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift wiederholt teilweise für die Landessozialgerichte die Regelungen, die in § 7 für die Sozialgerichte getroffen worden sind. Insoweit kann auf die Ausführungen in der Kommentierung von § 7 verwiesen werden. In § 28 Abs. 1 ist durch das 2. SGGÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) mit Wirkung zum 18.6.1994 Satz 4 angefügt worden. Diese gesetzliche Regelung war erforderlich geworden, um die Unsicherheit, ob Zweigstellen der Landessozialgerichte errichtet werden dürfen, zu beseitigen. Eine § 7 Abs. 3 vergleichbare Regelung enthält § 28 nicht.
2 Rechtspraxis
2.1 Landessozialgerichte als Landesgerichte
Rz. 2
Die Bestimmung stellt klar, dass die Landessozialgerichte entsprechend der Regelungen des Grundgesetzes (Art. 30, 92 GG) Gerichte des jeweiligen Landes und nicht des Bundes sind. Errichtung und Aufhebung sowie Verlegung des Gerichtssitzes sind nur durch ein formelles Landesgesetz möglich. Die Landessozialgerichte sind wie die Oberlandesgerichte, Oberverwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtshöfe), Finanzgerichte und Landesarbeitsgerichte oberste Landesgerichte. Wie in der Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt es auch in der Sozialgerichtsbarkeit für jedes Bundesland ein Landessozialgericht, das damit auch die Aufgabe hat, für eine möglichst einheitliche Rechtsanwendung auf Landesebene zu sorgen. Dabei ist zu beachten, dass in 2 Fällen Landessozialgerichte für mehrere Länder bestehen (Niedersachsen-Bremen/Berlin-Brandenburg). Die Bildung mehrerer Landessozialgerichte in einem Bundesland ist zulässig (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 28 Rz. 34; Burkiczek, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 28 Rz. 6). In der Praxis ist dies jedoch nicht erheblich. Hinsichtlich der Errichtung und Aufhebung eines Landessozialgerichts, der Verlegung des Gerichtssitzes sowie der Änderung der Gerichtsbezirke entspricht § 28 der Vorschrift des § 7, sodass insoweit auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
2.2 Zweigstellen
Rz. 3
Bis zur Anfügung des Satzes 4 in § 28 Abs. 1 war umstritten, ob Zweigstellen der Landessozialgerichte errichtet werden können. Durch die Ergänzung aufgrund des 2. SGGÄndG ist dieser Meinungsstreit obsolet geworden. Zweigstellen der Landessozialgerichte können nunmehr – wie bei den Sozialgerichten – errichtet werden. Dazu bedarf es keiner gesetzlichen Regelung, sondern es genügt eine Verordnung der Landesregierung oder der von ihr beauftragten Stelle (Justiz- oder Sozialministerium). Die Verordnung kann die Zahl der Senate bestimmen, die in der Zweigstelle errichtet werden. Nicht zulässig ist hingegen eine Regelung, für welche Sachgebiete die Zweigstelle zuständig ist (ebenso Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 28 Rz. 3b; Burkiczek, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 28 Rz. 19). Der Verordnungsgeber hat einen großen Ermessensspielraum und muss im Wesentlichen abwägen, ob die durch die Errichtung von Zweigstellen erreichte größere Bürgernähe und der damit verbundene größere Dienstleistungseffekt die Nachteile aufgrund eines erschwerten Informationsaustausches, einer schwieriger zu organisierenden Vertretung sowie einer teilweisen Verdoppelung der Infrastruktur rechtfertigen. In der Praxis hat § 28 Abs. 1 Satz 4 keine große Bedeutung erlangt. In Bayern ist durch die Verordnung der Bayerischen Staatsregierung v. 2.5.1995 (Bay GVBl. S. 167) eine Zweigstelle des Landessozialgerichts in Schweinfurt (mit 6 Senaten) erreicht worden. Nach der Bildung eines gemeinsamen Landessozialgerichts für die Länder Niedersachsen und Bremen mit Sitz in Celle ist eine Zweigstelle in Bremen errichtet worden. Bei der Bildung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist auf die Errichtung einer Zweigstelle verzichtet worden. Soweit Zweigstellen errichtet werden, müssen diese kleiner als die Hauptstelle des Landessozialgerichts sein. Ihnen darf kein eigener Gerichtsbezirk zugewiesen werden (dazu Bay VGH, Beschluss v. 21.4.1995, 20 N 94.2808; a. A. Schmidt, in: Hennig, SGG, § 28 Rz. 8). Die Geschäftsverteilung erfolgt durch das Präsidium des Landessozialgerichts. Soweit Richter einer Zweigstelle zugewiesen werden, handelt es sich nicht um eine Versetzung; sie behalten vielmehr ihr Amt am Landessozialgericht. Durch die Neufassung von § 28 Abs. 1 ist aber nicht auch die gesetzgeberische Entscheidung getroffen worden, dass in jedem Bundesland nur ein Landessozialgericht gebildet werden darf. Da der mögliche Bedarf nach einem zweiten Landessozialgericht einerseits in der Praxis nicht besteht und andererseits durch die Errichtung einer Zweigstelle gedeckt werden kann, ist die Errichtung eines zweiten Landessozialgerichts zwar nicht rechtlich ausgeschlossen (a.A Bay VGH, a. a. O.; Schmidt, in: Hennig, SGG, § 28 Rz. 4; Lüdtke, in: HK-SGG, § 28 Rz. 2), jedoch nicht erforderlich. Die vom Bay VGH aufgeführte Gefährdung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird dadurch abgewendet, dass dann auch Landesrecht gemäß § 162 revisibel ist. Auswärtige Senate können durch Anordnung der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Stelle errichtet werden. Sie sind jedoch k...