2.1 Amtshilfe
Rz. 2
Unter Amtshilfe versteht man die Hilfe (Unterstützung), die jede Behörde (Gericht – soweit eine Handlung begehrt wird, die nicht Richtern vorbehalten ist) in ihrer Funktion als Behörde einer anderen Behörde oder einem anderen Gericht leistet, um es der ersuchenden Behörde zu ermöglichen oder zu erleichtern, seine Amtshandlungen vorzunehmen. Das ist z. B. die Bereitstellung von Räumlichkeiten oder Personal, die Übersendung von Akten, Erteilung von Auskünften usw. Soweit Auskünfte aus Akten verlangt werden, die anhängige Verfahren betreffen, entscheidet der zuständige Spruchkörper, nicht die Gerichtsleitung. Ein Ersuchen um Amtshilfe setzt aber immer zwingend voraus, dass bei der ersuchenden Behörde ein Verwaltungsverfahren anhängig ist und es der ersuchenden Behörde mit eigenen Mitteln nicht oder nur mit nicht vertretbarem Aufwand möglich ist, die ersuchte Handlung selbst vorzunehmen. Die ersuchte Behörde kann die Amtshilfe nur unter den Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 SGB X bzw. § 5 Abs. 2 VwVfG ablehnen; § 158 GVG findet auf die Amtshilfe keine Anwendung. Wenn die ersuchte Behörde die Gewährung von Amtshilfe ablehnt, sind nur formlose Rechtsbehelfe (Scholz, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 5 Rz. 13; a. A. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 5 Rz. 5) wie die Dienstaufsichtsbeschwerde gegeben (anders bei der Ablehnung der Rechtshilfe).
2.2 Rechtshilfe
Rz. 3
Rechtshilfe ist das Ersuchen an ein (anderes) Gericht mit der Bitte um Durchführung richterlicher Handlungen. Dabei handelt es sich häufig um die Tätigkeit eines Gerichts für ein anderes Gericht. Jedoch fällt unter Rechtshilfe auch das Ersuchen einer Behörde (Versicherungsträgers) an das Sozialgericht, eine Person als Zeugen zu hören, denn insoweit wird um die Durchführung einer richterlichen Handlung ersucht. Die wichtigsten Fälle der Rechtshilfe sind das Ersuchen um Zeugenvernehmung oder Anhörung eines Beteiligten; dagegen kommt es selten vor, dass um die Vernehmung eines Sachverständigen oder die Augenscheinnahme gebeten wird. Die Zweckmäßigkeit eines Rechtshilfeersuchens ist vom ersuchenden Gericht jedoch sorgfältig zu prüfen. Denn es wird der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und damit die Möglichkeit der Beweiswürdigung eingeschränkt. Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk die ersuchte Rechtshilfe vorgenommen werden soll. Nur in Ausnahmefällen kann das Rechtshilfeersuchen an das Amtsgericht gerichtet werden. Der Gesetzgeber hat die grundsätzliche Zuständigkeit des Sozialgerichts deshalb bestimmt, weil die erbetene Handlung (z. B. die Zeugenvernehmung) effektiver von Richtern durchgeführt wird, die über entsprechende Sachkunde verfügen. So kann ein Richter, der Vorsitzender einer Kammer für Angelegenheiten der Rentenversicherung ist, eine Beweisaufnahme über die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen wegen seiner Sachkenntnis gezielter durchführen als ein Amtsrichter, der hauptamtlich Mietangelegenheiten bearbeitet. Dem Rechtsmittelersuchen ist ein Beweisbeschluss beizufügen, der die Beweisfragen bezeichnet. Das Rechtsmittelersuchen ist als prozessleitende Verfügung i. S. v. § 172 Abs. 2 von den Beteiligten nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Insoweit ist § 172 gegenüber § 159 GVG lex specialis. Anders verhält es sich beim ersuchenden Gericht. Dies hat die Möglichkeit des Rechtsbehelfes gemäß § 159 GVG. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, in einem Anschreiben bestimmte Tatsachenfeststellungen und Rechtsansichten mitzuteilen. Denn es muss für das ersuchte Gericht ohne eingehende Befassung möglich sein, dem Ersuchen nachzukommen (BAG, Beschluss v. 16.1.1991, 4 AS 7/90).
2.3 Verfahren für Rechtshilfegerichte
Rz. 4
§ 5 Abs. 3 bestimmt, dass für das Verfahren der Rechtshilfegerichte die Vorschriften des GVG gelten (§§ 158 bis 160, 164 bis 166, 168). Nach § 158 GVG darf ein Rechtshilfeersuchen nicht abgelehnt werden. Dieser Grundsatz gilt aber uneingeschränkt nur dann, wenn das Ersuchen von einem im Rechtszug übergeordneten Gericht erfolgte. In allen anderen Fällen hat das ersuchte Gericht das Recht und die Pflicht, das Rechtshilfeersuchen zu prüfen. Dabei erstreckt sich die Prüfung aber allein auf den Bereich der (örtlichen) Zuständigkeit sowie auf die Frage, ob nach dem Recht des ersuchenden Gerichts die vorzunehmende Handlung verboten ist. Soweit teilweise angenommen wird, dass ein Rechtshilfeersuchen auch dann unzulässig ist, wenn es rechtsmissbräuchlich oder offensichtlich willkürlich ist, ist Zurückhaltung geboten (BAG, Beschluss v. 23.1.2001, 10 AS 1/01). Die Anwendung dieses Rechtsgedankens kann nur bei Extremfällen zulässig sein. Bei Verneinung der örtlichen Zuständigkeit gibt das ersuchte Gericht das Ersuchen unmittelbar an das zuständige Gericht ab. Die Weiterleitung des Ersuchens an das Amtsgericht wie auch ein Rechtshilfeersuchen eines Sozialgerichts an ein Amtsgericht sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ein Ersuchen (oder Weiterleiten) an ein Amtsgericht am Sitz des Sozialgerichts oder einem Ort, an dem das Sozialgericht Gerichtsta...