Rz. 4
§ 5 Abs. 3 bestimmt, dass für das Verfahren der Rechtshilfegerichte die Vorschriften des GVG gelten (§§ 158 bis 160, 164 bis 166, 168). Nach § 158 GVG darf ein Rechtshilfeersuchen nicht abgelehnt werden. Dieser Grundsatz gilt aber uneingeschränkt nur dann, wenn das Ersuchen von einem im Rechtszug übergeordneten Gericht erfolgte. In allen anderen Fällen hat das ersuchte Gericht das Recht und die Pflicht, das Rechtshilfeersuchen zu prüfen. Dabei erstreckt sich die Prüfung aber allein auf den Bereich der (örtlichen) Zuständigkeit sowie auf die Frage, ob nach dem Recht des ersuchenden Gerichts die vorzunehmende Handlung verboten ist. Soweit teilweise angenommen wird, dass ein Rechtshilfeersuchen auch dann unzulässig ist, wenn es rechtsmissbräuchlich oder offensichtlich willkürlich ist, ist Zurückhaltung geboten (BAG, Beschluss v. 23.1.2001, 10 AS 1/01). Die Anwendung dieses Rechtsgedankens kann nur bei Extremfällen zulässig sein. Bei Verneinung der örtlichen Zuständigkeit gibt das ersuchte Gericht das Ersuchen unmittelbar an das zuständige Gericht ab. Die Weiterleitung des Ersuchens an das Amtsgericht wie auch ein Rechtshilfeersuchen eines Sozialgerichts an ein Amtsgericht sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ein Ersuchen (oder Weiterleiten) an ein Amtsgericht am Sitz des Sozialgerichts oder einem Ort, an dem das Sozialgericht Gerichtstage abhält, ist unzulässig. Die Rechtshilfe soll, wie sich unmittelbar aus § 5 Abs. 2 ergibt, nach Möglichkeit innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit erfolgen. Dies ist auch sinnvoll, da die Durchführung einer Beweisaufnahme wesentlich erleichtert wird, wenn dem ersuchten Gericht die rechtlich relevanten Fragen geläufig sind. Die Effektivität wird in jedem Falle gesteigert. Nur soweit die Amtshandlung außerhalb des Sitzes des Sozialgerichts vorzunehmen ist, ist ein Ersuchen an das Amtsgericht möglich. Jedoch sollte dabei größte Zurückhaltung geboten sein. Ein Grund für ein Rechtshilfeersuchen an ein Amtsgericht läge etwa vor, wenn dem zu vernehmenden Zeugen die Reise zum Sitz des Sozialgerichts aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten ist.
Rz. 5
In die Prüfung durch das ersuchte Gericht ist jedoch niemals einzubeziehen, ob die ersuchte Beweisaufnahme notwendig ist (BAG, Beschluss v. 23.1.2001, 10 AS 1/01). Das ersuchte Gericht hat aber immer zu beachten, ob die vorzunehmende Handlung verboten ist. Verboten ist eine Handlung, wenn sie abstrakt rechtlich unzulässig ist oder kein wirksames Rechtshilfeersuchen vorliegt (BAG, a. a. O.). Hier sind insbesondere die Offenbarungsverbote aufgrund von Geheimhaltungsvorschriften von Bedeutung. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unterliegen dem Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I). Deshalb sind die Vorschriften über die Offenbarungsbefugnisse (§§ 67 ff. SGB X) zu prüfen. Soweit die das konkrete Verfahren betreffenden Verwaltungsakte betroffen sind, erfolgt das Offenbarungsrecht aus § 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X. Entgegen der grundsätzlichen alleinigen Verantwortlichkeit und Prüfungspflicht der offenbarenden Stelle ist aufgrund der Regelung in § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG eine Prüfungspflicht auch des ersuchenden Gerichts zu bejahen. Denn nach dieser Vorschrift kann das ersuchte Gericht die vorzunehmende Handlung auch ablehnen, wenn sie nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. Da das Sozialgeheimnis aber sowohl für das ersuchende Gericht als auch für das ersuchte Gericht gilt, kann das ersuchte Gericht gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG die (auch nach dem Recht des ersuchten Gerichts) wegen Verletzung des Sozialgeheimnisses verbotene Handlung ablehnen. Insoweit stellt § 158 Abs. 2 Satz 1 GVG eine Spezialnorm gegenüber § 67d Abs. 2 Satz 1, § 78 SGB X dar.
Rz. 5a
Ob das ersuchte Gericht die Vernehmung eines Zeugen, der schon mal von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ablehnen kann, ist streitig (Schmidt, in: Hennig, SGG, § 5 Rz. 11; Zöller, ZPO, § 158 GVG Rz. 5; Kissel, GVG, § 158 Rz. 20). Ein Ablehnungsrecht ist jedoch zu verneinen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Zeuge nunmehr aussagt. Eine Ablehnung des Ersuchens kann auch nicht deshalb erfolgen, weil das ersuchte Gericht anderer Rechtsansicht ist (z. B. Zeuge sei beizuladen).
Rz. 6
Im Geschäftsverteilungsplan eines jeden Gerichts ist zu bestimmen, welcher Richter für Rechtshilfeersuchen anderer Gerichte zuständig ist. Dieser Richter hat nach entsprechender Vorbereitung die Zeugen zu laden und zu den ihm vorgegebenen Beweisfragen zu vernehmen. Die Durchführung der Beweisaufnahme kann einem Referendar übertragen werden (§ 10 GVG). Danach sind die Akten ohne Anmerkungen zu der Rechtsansicht der Beteiligten oder des ersuchenden Gerichts zurückzusenden. Soweit ein Sozialgericht ein Rechtsmittelersuchen ablehnt, ist gegen diese durch Beschluss zu ergehende Entscheidung die Beschwerde seitens des ersuchenden Gerichts zulässig, über die das Landessozialgericht zu entscheiden hat. Entgegen der Bestimmung des § 177 ist die weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des ...