1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die in den vergangenen Jahren vielfach in Einzelheiten modifizierten Zuständigkeitsregelungen wurden durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) übersichtlicher gestaltet und ergänzt. § 51 Abs. 1 fasst die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zusammen und gliedert sie nach den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und den weiteren Regelungsbereichen. § 51 Abs. 2 normiert die Rechtswegzuständigkeit für privatrechtliche Streitigkeiten in den Bereichen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung.

 

Rz. 2

Absatz 1 Nr. 6a wurde eingeführt durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) und neu gefasst mit Wirkung zum 1.1.2005 durch das 7. SGGÄndG v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3302 ), mit dem ferner Nr. 4a ebenfalls mit Wirkung zum 1.1.2005 eingefügt wurde. Absatz 1 Nr. 9 wurde aufgehoben durch Art. 22 des Gesetzes v. 23.7.2004 (BGBl. I S. 1842) mit Wirkung zum 1.8.2004; Abs. 1 Nr. 8 wurde durch Gesetz v. 22.5.2005 (BGBl. I S. 3686) mit Wirkung zum 1.1.2006 geändert. Der zwischenzeitlich durch Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) eingefügte Abs. 2 Satz 2 wurde mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz v. 22.12.2010 (BGBl. I S. 2262) gestrichen und Abs. 3 eingefügt.

2 Allgemeines

 

Rz. 3

Die Vorschrift regelt als Sonderzuweisung die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Während nach der Generalklausel in § 40 Abs. 1 VwGO für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, bestimmt § 51 Abs. 1 SGG enumerativ diejenigen Rechtsmaterien, für die die Sozialgerichte zuständig sind. Dabei werden nicht alle sozialrechtlichen Materien erfasst; z. B. für Angelegenheiten der Sozialhilfe, der Kinder- und Jugendhilfe nach dem BAföG und dem WoGG ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Nach § 51 Abs. 2 sind die Sozialgerichte auch für eng umgrenzte Bereiche des Privatrechts zuständig.

 

Rz. 4

Eine Streitigkeit ist dann öffentlich-rechtlicher Natur, wenn der Klageanspruch aus einem Rechtsverhältnis abgeleitet wird, das seinem Wesen nach dem öffentlichen Recht angehört. Dies ist dann der Fall, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften maßgeblich sind, wenn das streitige Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur ist und wenn Zuordnungssubjekt ein Träger öffentlicher Gewalt ist. Verfassungsrechtliche Streitigkeiten haben materielles Verfassungsrecht zum Gegenstand und werden von Verfassungsorganen oder von Beteiligten geführt, die am Verfassungsleben unmittelbar beteiligt sind.

 

Rz. 5

Die Rechtswegzuständigkeit ist Prozessvoraussetzung, die das Sozialgericht ebenso wie die Gerichte anderer Rechtswegzweige von Amts wegen zu prüfen hat. Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt (§ 17a Abs. 3 GVG). Die Entscheidung ergeht durch Beschluss; eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich (§ 17a Abs. 4 Satz 1 GVG). Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Landessozialgericht gegeben. Gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts ist die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht nur dann statthaft, wenn das Landessozialgericht sie zulässt (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG; § 177 SGG). Eine Nichtzulassungsbeschwerde gibt es nicht. Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte, auch die Rechtsmittelgerichte, an die Entscheidung gebunden (§ 17a Abs. 1 GVG).

3 Rechtspraxis

3.1 Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

 

Rz. 6

Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich ist, richtet sich nach ganz herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil v. 13.6.1989, 2 RU 32/88, BSGE 65 S. 133 = NJW 1990 S. 342; GSOGB, Beschluss v. 10.07.1989, GmS-OGB 1/88, BGHZ 108 S. 284 = NJW 1990 S. 1527; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. München 2007, § 40 Rn. 11 nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Sie ist immer dann öffentlich-rechtlicher Art, wenn der Streitgegenstand, d. h. der mit der Klage geltend gemachte Anspruch, aus einem Rechtsverhältnis abgeleitet wird, das dem öffentlichen Recht angehört. Dies ist dann der Fall, wenn einem der Beteiligten Rechte und Pflichten als Hoheitsträger zugeordnet sind und er aus dieser Rechtsstellung heraus tätig wird (Sonderrechtstheorie). Wichtiges Kriterium für die Zuordnung zum öffentlichen Recht ist die Handlungsweise des Hoheitsträgers. Wendet sich der Bürger mit der Klage gegen einen von dem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakt (Bescheid), so ist der Rechtsstreit stets öffentlich-rechtlicher Natur. Gegenstand der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit kann aber auch schlichtes Verwaltungshandeln oder ein öffentlich-rechtlicher Ver...

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