Rz. 7
Die Ablehnung der Gewährung von Akteneinsicht im laufenden Verwaltungsverfahren stellt eine Verfahrenshandlung dar, auf die § 56a Satz 1 grundsätzlich Anwendung findet. Ist jedoch die Akteneinsicht während des Verwaltungsverfahrens zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unerlässlich, so ist dies angemessen zu berücksichtigen. Der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung von Verfahrenshandlungen darf nicht zu unzumutbaren Nachteilen führen, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig zu beseitigen sind (BVerfG, Kammerbeschluss v. 24.10.1990, 1 BvR 1028/90, SozR 3-1300 § 25 Nr. 1 = NJW 1991 S. 415 zur Verweigerung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren vor dem Großgeräteausschuss).
Rz. 8
Mit der vorgenannten Einschränkung sind alle weiteren behördlichen Verfahrenshandlungen gemäß § 56a Satz 1 für die Prozessbeteiligten nicht gesondert mit Rechtsbehelfen angreifbar, die den in § 172 Abs. 2 aufgeführten gerichtlichen Beschlüssen, Verfügungen und Anordnungen entsprechen (Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rz. 5 in Bezug auf § 146 Abs. 2 VwGO). Dazu gehören:
- Anhörung Beteiligter (§ 24 SGB X),
- Anordnung der Vernehmung durch das Sozial- oder Verwaltungsgericht (§ 22 SGB X),
- Amtshilfeersuchen (Stelkens, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rz. 17),
- Die Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, binnen einer Frist Nutzenbewertungsdossiers zur Bestandsmarkt-Nutzenbewertung einzureichen (§ 35a Abs. 1 SGB V), leitet ein Normsetzungsverfahren ein und ist kein Verwaltungsakt. Der gesetzliche Ausschluss des Rechtsschutzes in § 35a Abs. 8 SGB V verletzt nicht den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art 19 Abs. 4 GG (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.5.2013, L 7 KA 105/12 KL mit Anm. Ternick, AMK 2013, Nr. 7, 10),
Rz. 9
- Aufklärungs- und Beweisanordnungen, insbesondere auch Anordnung einer Begutachtung,
- Ausschließung (§ 16 SGB X), Befangenheit (§ 17 SGB X), Stattgabe oder Ablehnung des Antrags; Der Antrag, eine Schiedsperson im Schiedsverfahren zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 44a VwGO nicht statthaft (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 12.11.2010, L 5 KA 4293/10 ER B mit Anm. Plagemann, jurisPR-MedizinR 5/2011 Anm. 2),
- Beiziehen von Akten, von Urkunden (§ 21 SGB X),
- Bestimmung der zuständigen Behörde,
Rz. 10
- Einleitung des Verwaltungsverfahrens,
- Einleitung eines medizinischen Rehabilitationsverfahrens; der Antrag auf Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers im Wege der einstweiligen Anordnung, dies zu unterlassen, ist in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 44a VwGO nicht statthaft (Bay. LSG, Beschluss v. 9.3.2010, L 20 R 909/09 B ER),
- Einsicht in die Verwaltungsakte durch Übersendung der Akte in das Büro des Prozessbevollmächtigten (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.8.2007, L 7 AS 874/07, FEVS 59 S. 181),
- Einsichtnahme in die schriftlichen Vermittlungsvorgänge der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesanstalt für Arbeit (BSG, Urteil v. 10.12.1992, 11 RAr 71/91, BB 1993 S. 1443),
Rz. 11
- Ermittlungsmaßnahmen des Unfallversicherungsträgers am Arbeitsplatz (LSG NRW, Beschluss v. 30.7.2007, L 17 B 15/07 U),
- Fristsetzung,
- Übersendung von Ablichtungen aus den Versorgungsakten während des laufenden Verwaltungsverfahrens; die Klage eines Versorgungsberechtigten ist in Anwendung unzulässig (BSG, Urteil v. 14.12.1988, 9/4b RV 55/86 mit Anm. Tannen, DRV 1990 S. 440),
- Verweigerung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit (§ 7 Abs. 4a SGB II); sie stellt eine behördliche Verfahrenshandlung i. S. d. § 44a VwGO dar und ist daher nicht gesondert anfechtbar (LSG NRW, Beschluss v. 22.9.2010, L 9B 166/09 AS),
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BSG, Urteil v. 28.1.2009, B 6 KA 11/08 R, SozR 4-1500 § 77 Nr 2 = USK 2009-24).
Rz. 12
Rechtsfehler im Zusammenhang mit solchen nicht gesondert anfechtbaren behördlichen Verfahrenshandlungen können jedoch zur Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Sachentscheidung führen. Dies können die am Verwaltungsverfahren beteiligten mit dem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung geltend machen. Soweit sich die vorgenannten Anordnungen und Verfügungen auch gegen Dritte richten, die am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt sind, so greift § 56a schon tatbestandlich nicht ein. Dritten steht ein Anfechtungsrecht grundsätzlich zu, soweit sie in ihren Rechten betroffen sind. Dies stellt § 56a Satz 2, 2. Alternative klar. Dies betrifft Zeugen, Sachverständige und Bevollmächtigte, die gegen eine behördliche Anordnung oder Entscheidung vorgehen wollen, die in einem Verwaltungsverfahren ergangen ist, an dem sie nicht Beteiligte sind.