1 Allgemeines
1.1 Entstehung der Norm
Rz. 1
Die Vorschrift wurde eingeführt mit Wirkung zum 25.10.2013 durch Art 7 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuordnung der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUKNOG) v. 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836). Sie ist wortgleich mit § 44a VwGO. Diese Vorschrift wurde in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Einführung des VwVfG bereits durch Gesetz v. 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253) in die VwGO eingefügt. Es handelt sich um eine eigenständige negative Zulässigkeitsvoraussetzungfür alle Klagearten und für alle selbständigen Beschlussverfahren nach den §§ 86a, 86b (Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rz. 1).
1.2 Normzweck
Rz. 2
Die Vorschrift soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/12297 S. 39) der Beschleunigung des sozialgerichtlichen Verfahrens dienen und verhindern, dass durch Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen die Sachentscheidung der Behörde verzögert wird. Sie ist im Zusammenhang mit den Regelungen in den §§ 41, 42 SGB X zu sehen. Es soll verhindert werden, dass Formvorschriften und Verfahrensrechte des Bürgers ihre dienende Funktion verlieren könnten und dazu missbraucht werden könnten, die sachliche Entscheidung durch Anfechtung von Verfahrenshandlungen zu verzögern und zu erschweren (Stelkens, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rz. 2).
1.3 Verfassungskonforme Auslegung
Rz. 3
Ebenso wie § 44a VwGO sind auch die Regelungen in § 56a so auszulegen, dass die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs. 4 GG und die damit gewährleistete Effektivität des Rechtsschutzes beachtet wird. Ebenso muss der Grundrechtsschutz der Verfahrensbeteiligten gewährleistet sein. Der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung von Verfahrenshandlungen darf für den Rechtsschutzsuchenden nicht zu unzumutbaren Nachteilen führen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Kammerbeschluss v. 24.10.1990, 1 BvR 1028/90, SozR 3-1300 § 25 Nr. 1 = NJW 1991 S. 415; Kammerbeschluss v. 19.3.2004, 1 BvR 131/04, NZS 2004 S. 527).
2 Rechtspraxis
2.1 Behördliche Verfahrenshandlungen
Rz. 4
Erfasst sind Verfahrenshandlungen einer Behörde im Verwaltungsverfahren. Dies macht der Wortlaut von Satz 1 deutlich, wonach eine Regelung über Rechtsbehelfe gegen solche Verfahrenshandlungen getroffen wird. Die Verfahrenshandlung muss innerhalb eines Verwaltungsverfahrens, also nach dessen Beginn und vor dessen Abschluss oder Einstellung vorgenommen worden sein. Da das Verwaltungsverfahren gemäß § 8 SGB X den Erlass eines Verwaltungsaktes zum Ziel hat, muss es sich um eine Verfahrenshandlung handeln, die dem vorgelagert ist. Die Vorschrift erfasst auch Verfahrenshandlungen im Widerspruchsverfahren. Auch sie sind vorbehaltlich Satz 2 nicht gesondert anfechtbar (Stelkens, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rz. 32).
Rz. 5
Folglich sind Verfahrenshandlungen außerhalb des laufenden Verwaltungsverfahrens tatbestandlich nicht erfasst. Dies betrifft Ansprüche auf Auskunft und Ansprüche auf Akteneinsicht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens (Stelkens, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rz. 18). Streitig ist in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urteil v. 16.5.2000, 3 C 2/00, DVBl 2000 S. 1353; a. A. OVG Koblenz, Urteil v. 19.5.1987, 7 C 1/87, NVwZ 1988 S. 76) und Literatur (Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rz. 4a m. w. N.), ob Entsprechendes für die Klage eines Dritten auf Aufhebung der Beteiligung am Verwaltungsverfahren (§ 13 Abs. 2 VwVfG bzw. § 12 Abs. 2 SGB X) gilt.
Rz. 6
Die Verfahrenshandlung ist schon begrifflich abzugrenzen von der Sachentscheidung. Der das Verwaltungsverfahren abschließende Verwaltungsakt ist mithin keine Verfahrenshandlung. Während eines gestuften Verwaltungsverfahrens, insbesondere auch dann, wenn das Verfahren eine Planungsentscheidung zum Ziel hat, oder auch bei der Ablehnung einer beantragten Verfahrenshandlung kann auch vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens eine Verfahrenshandlung i. S. d. § 56a Satz 1 Verwaltungsaktcharakter haben (Stelkens, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rz. 16). Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann ebenfalls begrifflich nicht als Verfahrenshandlung interpretiert werden (Kopp/Schenke, VwGO, § 44a Rz. 3).
2.2 Kasuistik der Verfahrenshandlungen i. S. d. § 44a Satz 1
Rz. 7
Die Ablehnung der Gewährung von Akteneinsicht im laufenden Verwaltungsverfahren stellt eine Verfahrenshandlung dar, auf die § 56a Satz 1 grundsätzlich Anwendung findet. Ist jedoch die Akteneinsicht während des Verwaltungsverfahrens zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unerlässlich, so ist dies angemessen zu berücksichtigen. Der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung von Verfahrenshandlungen darf nicht zu unzumutbaren Nachteilen führen, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig zu beseitigen sind (BVerfG, Kammerbeschluss v. 24.10.1990, 1 BvR 1028/90, SozR 3-1300 § 25 Nr. 1 = NJW 1991 S. 415 zur Verweigerung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren vor dem Großgeräteausschuss).
Rz. 8
Mit der vorgenannten Einschränkung sind alle weiteren behördlichen Verfahrenshandlungen gemäß § 56a Satz 1 für die Prozessbeteiligten nicht gesondert mit Rechtsbehelfen ang...