Rz. 125

Die unter Rz. 80 ff. für Richter dargelegten Grundsätze gelten entsprechend für ehrenamtliche Richter.

Eine Gruppenbetroffenheit oder die berufliche Stellung eines ehrenamtlichen Richters stellt ebenso wenig einen Ablehnungsgrund dar wie die Tatsache, dass der ehrenamtliche Richter in seiner Patentanwaltskanzlei Patentanwaltsausbildung betreibt oder nicht (BGH, Beschluss v. 26.1.2015, PatAnwZ 1/14).

Äußert sich ein Berufsverband im Namen seines von einem ehrenamtlichen Richter geleiteten Vorstandes öffentlich über ein Mitglied eines von der Vertreterversammlung der KV eingesetzten Ausschusses in ehrverletzender Weise, sodass er – der Verband – durch eine zivilgerichtliche Entscheidung zur strafbewehrten Unterlassung und zum Widerruf dieser Äußerung sowie zur Zahlung einer Geldentschädigung verurteilt wird, besteht in einem Rechtsstreit zwischen dem Mitglied dieses Ausschusses und der KV zumindest dann die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem ehrenamtlichen Richter, wenn zwischen dem Streitgegenstand dieses Rechtsstreits und dem Inhalt der ehrverletzenden Äußerung ein enger Zusammenhang besteht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 7.11.2011, L 7 SF 466/11).

Beantwortet ein ehrenamtlicher Richter die Anfrage des Gerichts, ob er sich zu den zur Entscheidung stehenden Fragen bereits außerdienstlich engagiert habe, hinsichtlich der insoweit im engem Zusammenhang mit dem Verwaltungsprozess stehenden Fragen nur unvollständig, genügt das, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.4.2013, OVG 11 A 7.13; hierzu auch Rz. 123).

Der Umstand, dass eine ehrenamtliche Richterin als Juristin im Rechtsamt eines Landkreises tätig ist und diesen als Beigeladenen in einem sozialgerichtlichen Rechtsstreit nach dem SGB XII vertritt, den der Prozessbevollmächtigte des Klägers für eine andere Prozesspartei führt, ist mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht geeignet, aus Sicht eines vernünftig denkenden Menschen ein subjektives Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten ehrenamtlichen Richterin zu begründen. Unabhängig hiervon folgt aus der Beschäftigung eines ehrenamtlichen Richters bei einem Landkreis nach § 17 Abs. 3 SGG lediglich, dass er nicht ehrenamtlicher Richter in der Kammer sein kann, die über Streitigkeiten aus dem Arbeitsgebiet des Landkreises entscheidet. Dies betrifft etwa Rechtsstreitigkeiten nach dem SGB XII, weil zum Aufgabenbereich eines Landkreises – im Gegensatz zum Rentenrecht – das Sozialhilferecht nach dem SGB XII gehört (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 28.9.2011, L 4 SF 34/11 AB).

Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn ein ehrenamtliche Richter bereits in einem Vorprozess als Bevollmächtigter für eine Partei aufgetreten ist, die im anhängigen Prozess wiederum Partei ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn in jenem Verfahren nicht nur um im abstrakten Sinne gleiche oder ähnliche Rechtsfragen ging, sondern um den gleichen Sachkomplex, der auch Gegenstand des konkreten Verfahrens ist (BAG, Beschluss v. 7.11.2012, 7 AZR 646/10 (A)).

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