Rz. 27
§ 175 ZPO ist eine eigenständige, der Vereinfachung dienende Zustellungsart, die nur bei Zustellungen von Amts wegen anwendbar ist (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 175 Rn. 3). Zugestellt wird durch Einschreiben mit Rückschein. Dabei wird mit Übergabe des Schriftstücks an den Adressaten die Zustellung wirksam vollzogen. Die Regelungen über die Möglichkeiten der Ersatzzustellung (§§ 178 bis 181 ZPO) sind zwar nicht anwendbar, die von § 178 ZPO erfassten Personen sind aber in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB als Empfangsberechtigte anzusehen (BSG, Beschluss v. 7.10.2004, B 3 KR 14/04 R, SozR 4-1750 § 175 Nr. 1). Die Zustellung ist mit Übergabe an den Adressaten ausgeführt, denn die Zustellung ist ähnlich dem Wirksamwerden einer Willenserklärung gegenüber Abwesenden (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm zugeht. Zugegangen ist danach eine Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (hierzu LSG Bayern, Beschluss v. 6.4.2009, L 2 B 513/08 U). Der Zugang des Schriftstücks beim Adressaten oder Ersatzempfänger wird durch den Rückschein nachgewiesen (§ 175 Satz 2 ZPO). Dieser ist keine öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 ZPO (BT-Drs. 14/4554 S. 19) sondern eine Privaturkunde i. S. d. § 416 ZPO (BSG, Beschluss v. 7.10.2004, B 3 KR 14/04 R, NJW 2005 S. 1303), mittels der die Zustellungsurkunde (§ 182 ZPO) ersetzt wird (hierzu auch Stöber, in: Zöller, ZPO, § 175 Rn. 4). Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung ist der Rückschein nicht. Voraussetzung ist stets die tatsächliche Übergabe des Schriftstücks. Eine Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes ist daher noch nicht bewirkt, wenn der Empfänger die Annahme verweigert (BSG, Beschluss v. 15.8.2002, B 7 AL 96/01 R, SozR 3-1960 § 4 Nr. 5).
Rz. 28
Die Übergabe an den Ersatzempfänger ist ausgeschlossen, denn die Regelungen über die Möglichkeiten der Ersatzzustellung (§§ 178 bis 181 ZPO) gelten, wie die Verweisung in § 176 Abs 2 ZPO zeigt, nur für Zustellungen, die auf einem formellen Zustellungsauftrag des Gerichts gemäß § 176 Abs 1 ZPO mit Zustellungsurkunde (Post, Justizbediensteter, Gerichtsvollzieher, andere Behörde) beruhen, nicht aber für Zustellungen durch Einschreiben mit Rückschein nach § 175 ZPO (BSG, Beschluss v. 7.10.2004, B 3 KR 14/04 R, SozR 4-1750 § 175 Nr. 1; krit. hierzu Stöber, in: Zöller, ZPO, § 175 Rn. 3).