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Der Begriff "höhere Gewalt" deckt sich mit dem des unabwendbaren Zufalles und setzt das Fehlen jeglichen Eigenverschuldens voraus. Wurde der Kläger von einem rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten, muss er sich dessen Verschulden anrechnen lassen (LSG Saarland, Beschluss v. 16.12.2002, L 2 U 88/02). Höhere Gewalt meint ein von außen kommendes Ereignis. Beispiele hierfür sind vor allem z. B. Naturkatastrophen und andere die Rechtsverfolgung generell hindernde unabwendbare Zufälle (BSG, Urteil v. 17.9.2008, B 6 KA 28/07 R, SozR 4-1300 § 44 Nr. 17; BVerwG, Urteil v. 11.5.1979, 6 C 70/78, NJW 1980 S. 1480). Es wird zwar auch angenommen, dass die Verbreitung einer unzutreffenden Rechtsansicht oder eine irreführende Rechtsbehelfsbelehrung (hierzu LSG Saarland, Beschluss v. 16.12.2002, L 2 U 88/02) höhere Gewalt bedeuten könne, dies aber nur dann, wenn das sich daraus ergebende Hindernis vergleichbare allgemein-wirkende Kraft wie Naturereignisse u.ä. hat (zutreffend: BSG, Urteil v. 17.9.2008, B 6 KA 28/07 R, SozR 4-1300 § 44 Nr. 17). Der höheren Gewalt gleichgestellt wird, wenn eine Behörde den Betroffenen arglistig oder jedenfalls treuwidrig um seinen Rechtsbehelf bringt (vgl. BSG, Urteil v. 25.3.2003, B 1 KR 36/01 R, SozR 4-1500 § 67 Nr. 1; BVerwG, Urteil v. 11.5.1979, 6 C 70/78, NJW 1980 S. 1480). Das wird etwa dann der Fall sein, wenn eine Behörde im Sinne falsch verstandener "Kundenorientierung" einen Bescheid nicht als solchen deklariert, vielmehr mit einem servicegeprägten Fließtext versieht und ausgehend hiervon die dann als Fremdkörper wirkende Rechtsbehelfsbelehrung bewusst unterlässt.

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