Rz. 61
Die Aufhebung von Bewilligungsentscheidungen, die auf bei Gericht vor dem 1.1.2014 eingegangenen Prozesskostenhilfeanträgen beruhen, richtet sich nach § 124 ZPO a. F. (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.9.2014, L 6 AS 1124/14 B). Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 ZPO a. F. aufheben, wenn der Beteiligte durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (Nr. 1), der Beteiligte absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgeben hat (Nr. 2), die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben (Nr. 3) oder der Beteiligte länger als 3 Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist (Nr. 4). Die Aufhebung des Prozesskostenhilfebeschlusses bewirkt, dass die Staatskasse die auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche gegenüber dem Beteiligten geltend machen kann.
Die rückwirkende Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich falsch gemachter Angaben nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F. setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den Falschangaben beruht (BGH, Beschluss v. 10.10.2012, IV ZB 16/12, NJW 2013, 68). Für eine Entziehung der Prozesskostenhilfe ist nicht erforderlich, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Prozesskostenhilfebewilligung geführt haben. Es genügt, dass die falschen Angaben generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F. stellt eine Sanktionsvorschrift sowie einen Verwirkungstatbestand dar, bei dem es auf die Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt. Eine erneute Antragstellung ist nicht zulässig. Subjektiv setzt der Aufhebungstatbestand voraus, dass der Antragsteller mit Vorsatz gehandelt hat, grobe Fahrlässigkeit reicht nicht aus.
Die Aufhebungsentscheidung steht im Ermessen des Gerichts (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse v. 30.10.2014, L 6 AS 1649/14 B, und v. 29.9.2014, L 6 AS 1124/14 B m.w.N; LSG Sachsen, Beschlüsse v. 20.2.2014, L 3 AL 159/13 B PKH, und v. 5.8.2014, L 3 AS 619/12 B PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 26.8.2014, L 2 AS 226/14 B; vgl. zum Prüfungsumfang: BGH, Beschluss v. 23.4.2013, VI ZB 30/12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 23.10.2014, L 25 AS 2137/14 B PKH; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss v. 30.10.2014, L 6 AS 1649/14 B). Zuständig ist das Gericht, das die Prozesskostenhilfe bewilligt hat. Die Androhung der Aufhebung der Prozesskostenhilfe hat durch das Gericht, nicht durch den Kostenbeamten zu erfolgen. Der im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt ist im Aufhebungsverfahren nach § 124 ZPO zu beteiligen, wenn sich aus der damaligen Prozessvollmacht nichts anderes ergibt (BGH, Beschluss v. 8.12.2010, XII ZB 38/09, MDR 2011, 183; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 8.2.2011, L 13 AS 2819/10 B); der Beschluss ist an ihn zuzustellen (BGH, Beschluss v. 8.12.2010, XII ZB 151/10).
Rz. 62
Die Beschwerde gegen einen aufhebenden erstinstanzlichen Beschluss ist zulässig. Der Beschwerdeausschluss des § 172 Abs. 3 Nr. 2 greift nicht ein. Eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung dieses Ausschlusstatbestandes auf Fallgestaltungen, in denen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben worden ist, kommt nicht in Betracht (LSG Sachsen, Beschluss v. 20.2.2014, L 3 AL 159/13 B PKH mit Zusammenfassung des Meinungsstandes). Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat (§ 173 Satz 1). Eine Nachholung der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO ist noch im Beschwerdeverfahren zulässig, es handelt sich nicht um eine Ausschlussfrist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 21.2.2011, L 13 AL 5384/10 B; BAG, Beschluss v. 18.11.2003, 5 AZB 46/03). Die Entscheidung eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts ist unanfechtbar.