Rz. 34
Ein Antrag auf Beiladung hat lediglich den Charakter einer Anregung ohne weitere Bedeutung (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 3.11.2010, L 5 KR 87/10 B; Leitherer, SGG, § 75 Rn. 15). Etwas anderes gilt nur im Fall des § 75 Abs. 1 Satz 2. Auf Antrag der Bundesrepublik Deutschland ist diese beizuladen.
Rz. 35
Die Beiladung und die Ablehnung eines Beiladungs"antrags" erfolgen durch Beschluss des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist. Eine konkludente Beiladung ist nicht möglich (BSG, Urteil v. 8.12.2010, B 6 KA 38/09 R, USK 2010-148). Die Beiladung ist grundsätzlich in jeder Lage des Verfahrens und somit auch in der Zeit nach der Verkündung des Urteils bis zu seiner Zustellung (BSG, Urteil v. 29.4.1997, 10/4 RK 3/96, SozR 3-5420 § 3 Nr. 2) oder dem Eintritt der Rechtskraft bzw der Einlegung eines Rechtsmittels möglich (BFH, Urteil v. 9.7.1992, IV R 55/90, BFH/NV 1993 S. 81; Leitherer, SGG, 75 Rn. 5b; Zeihe, SGG, § 75 Rn. 4b). Dies setzt voraus, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorlagen, die rechtzeitige Beiladung mithin pflichtwidrig unterlassen und nachgeholt wurde (BSG, Urteil v. 18.5.2011, B 3 KR 7/10 R, SuP 2011 S. 648). Ob und inwieweit dieser rechtliche Ansatz angesichts der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs zutreffend ist, erscheint als zweifelhaft (so auch BSG, a. a. O.). Hat allerdings die letzte Tatsacheninstanz vor Zustellung aber nach Erlass (Beschlussfassung) eines Urteils ohne mündliche Verhandlung einen Versicherungsträger beigeladen, der auch als leistungspflichtig in Betracht kommen kann, so wird damit der Anspruch auf rechtliches Gehör sowohl des Klägers wie auch des Beigeladenen verletzt (BSG, Urteil v. 27.6.1978, 4 RJ 87/77, SozR 1500 § 62 Nr. 6)
Rz. 36
Die notwendige Beiladung nach Abs. 2 ist mit Zustimmung des Beigeladenen auch noch im Revisionsverfahren möglich (§ 168 Satz 2 Alt. 2 SGG). Ebenfalls noch im Verfahren vor dem BSG kann die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts beschlossen werden (§ 168 Satz 2 Alt. 1 SGG). Die Entscheidung ergeht grundsätzlich von Amts wegen, ein Antrag ist abgesehen vom Fall des § 75 Abs. 1 Satz 2 nicht von Bedeutung (vgl. Rz. 34). Das Gericht muss nicht zwingend angeben, ob es eine einfache oder notwendige Beiladung vornimmt (ebenso Zeihe, SGG, § 75 Rn. 42c mit dem zutreffenden Hinweis, dass die Unterscheidung erst bedeutsam wird, wenn abweichende Sachanträge gestellt werden sollen). Der Beschluss soll aber gemäß § 75 Abs. 3 Satz 2 den Stand der Sache und den Grund der Beiladung angeben und ist den Beteiligten gemäß § 63 zuzustellen (§ 75 Abs. 3 Satz 1). Eine Zustellung ist auch erforderlich, wenn die Beiladung in der mündlichen Verhandlung beschlossen und verkündet wurde (§ 142 Abs. 1 i. V. m. § 135 SGG).
Rz. 37
Der Beiladungsbeschluss ergeht außerhalb der mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden (§ 106 Abs. 2 Nr. 6 SGG) bzw. nach Maßgabe des § 155 Abs. 1 SGG durch einen Berufsrichter des Senats. Der Beschluss ist gemäß § 75 Abs. 3 Satz 3 unanfechtbar. Der Beschluss des Sozialgerichts, mit dem eine Beiladung abgelehnt wird, ist mit der Beschwerde anfechtbar (§ 172 Abs. 1 SGG). Die einfache Beiladung kann jederzeit durch Beschluss ex nunc aufgehoben werden (einschränkend Leitherer, SGG, § 75 Rn. 16a: Ohne Zustimmung des Beigeladenen nicht nur wegen anderer Beurteilung der Zweckmäßigkeit). Auch die notwendige Beiladung kann von Amts wegen aufgehoben werden und zwar auch noch im Rechtsmittelzug, wenn ihre Voraussetzungen nicht vorliegen oder später entfallen sind und auch keine Aufrechterhaltung als einfache Beiladung möglich ist (vgl. BSG, Beschluss v. 11.12.1990, 1 RR 2/88, SozR 3-1500 § 75 Nr. 7; Urteil v. 28.10.1994, 9 RV 17/94, SozR 3-1500 § 75 Nr. 23).
Rz. 38
Die Verurteilung eines einfach Beigeladenen ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung gemäß § 75 Abs. 2 2. Alt. SGG verfahrensfehlerhaft (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 3.11.2010, L 5 KR 87/10 B).