Rz. 4
Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist nach der Einbeziehung des Folgebescheids der Verwaltungsakt in der Fassung, die er durch den Folgebescheid erhalten hat. Die erlassende Behörde hat den Erlass des Folgebescheides unverzüglich der zuständigen Widerspruchsstelle mitzuteilen. Der Verwaltungsakt wird automatisch Gegenstand des Vorverfahrens, eines erneuten Widerspruchs bedarf es nicht (BSG, SozR § 96 Nr. 16). Darauf muss in der Rechtsbehelfsbelehrung des Folgebescheides hingewiesen werden. Wird in der Rechtsmittelbelehrung des nach § 86 einbezogenen Bescheides fehlerhaft auf die Möglichkeit der Widerspruchserhebung verwiesen, macht dies einen Widerspruch nicht zulässig. Wird dennoch Widerspruch erhoben, so ist hinsichtlich der Kosten für dieses Verfahren zu differenzieren. Entscheidet die Behörde mit Widerspruchsbescheid über den Ausgangsverwaltungsakt in der Fassung des Änderungsbescheides und wird hiergegen Klage erhoben, so ist im Rahmen dieses Klageverfahrens nach § 193 auch über die Kosten des unzulässigerweise eingeleiteten zweiten Widerspruchsverfahrens zu entscheiden. Eine gesonderte Kostenentscheidung nach § 63 SGB X kommt nicht in Betracht. Die Behörde muss einen entsprechenden Antrag zwar bescheiden, aber als unzulässig ablehnen (so BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 42/00 R, AGS 2002, 151; BSG, Urteil v. 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, SozR 4-1500 § 193 Nr. 6). Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 SGG ist die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung unter Veranlassungsgesichtspunkten zu berücksichtigen. Kommt es nicht zum Klageverfahren, ist hingegen – nach Erledigung des unzulässigen Widerspruchsverfahrens - Raum für eine isolierte Kostenentscheidung nach § 63 SGB X. Der 4. Senat des BSG sieht hierbei augenscheinlich den Widerspruch, der auf die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt, als erfolgreich i. S. d. § 63 SGB X an (Beschluss v. 27.9.2011, B 4 AS 137/11 B, juris). Dies ist bedenklich, weil es eigentlich um eine Frage des Veranlassungsprinzips geht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 12.2.2010, L 4 R 803/09, juris, mit kritischer Anm. Rieker, Die Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren bei einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung, NZS 2011, 15, der mit gewichtigen Argumenten eine Kostenerstattungspflicht verneint; im Revisionsverfahren zum vorgenannten Urteil des LSG Baden-Württemberg hat sich der 13. Senat des BSG dieser Sichtweise angeschlossen: Urteil v. 20.10.2010, B 13 R 15/10 R, SozR 4-1500 § 193 Nr. 6). Unabhängig von der Kenntnis der Widerspruchsstelle ist der Widerspruchsbescheid rechtswidrig, wenn der neue Verwaltungsakt nicht berücksichtigt wurde. War der Widerspruch gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt unzulässig, muss dennoch über den neuen Verwaltungsakt in der Sache entschieden werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86 Rn. 4 m. w. N.; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 15.6.2011, L 11 AS 428/11 B, Zeihe, § 86 Rn. 6b).
Rz. 5
Soweit ein Bescheid nach § 86 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wird, bedarf es keiner gesonderten Anhörung nach § 24 SGB X, wenn dem Widerspruchsführer die entscheidungserheblichen Tatsachen bereits bekannt gegeben sind und für ihn zu erkennen ist, dass noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist und dass er noch ausreichend Zeit zur Äußerung hat (BSG, SozR 4-1300 § 24 Nr. 1 Rn. 19).