Rz. 37

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Klage bei Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten oder der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben. Der Gesetzgeber hat hiermit das Vollzugsrisiko bei Abgabebescheiden bewusst auf den Adressaten verlagert. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wenn bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die Vollziehung ausgesetzt wurde. Das Gesetz bringt zum Ausdruck, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 das Vollziehungsinteresse in der Regel vorrangig ist.

 

Rz. 38

Bei den in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG genannten Entscheidungen handelt es sich um solche, die die Deckung des Finanzbedarfs der Sozialversicherungsträger betreffen (LSG NRW, Beschluss v. 7.4.2011, L 5 KR 107/11 B ER, SGb 2011 S. 384). Damit wird die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger sichergestellt (BT-Drs. 14/5943 S. 25 zu Nr. 34). Sie sind auf den Zufluss von Beiträgen, Umlagen und sonstigen gesetzlich vorgesehenen Abgaben angewiesen. Hätte jeder Rechtsbehelf gegen Beitragsbescheide aufschiebende Wirkung, wäre der Anreiz groß, regelmäßig hiervon Gebrauch zu machen (Wenner, SozSich 2001 S. 422, 423). Dementsprechend sind unter "Anforderungen" nicht nur Geldanforderungen zu verstehen, sondern alle Verwaltungsakte, die zur Verwirklichung des Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergehen, z. B. auch Entscheidungen über die Versicherungspflicht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 13.7.2011, L 22 LW 8/11 ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 14.2.2011, L 5 R 17/11 B ER; LSG NRW. Beschluss v.22.4.2009, L 8 B 2/09 LW ER; Krasney/Udsching, V Rn. 14).

 

Rz. 39

Nach § 7a Abs. 7 SGB IV haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt (Statusentscheidungen im Anfrageverfahren), aufschiebende Wirkung. Diese Vorschrift gilt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur für die Statusentscheidung im Rahmen eines Anfrageverfahrens (vgl. § 28p SGB IV), sondern auch für Statusentscheidungen der übrigen Sozialversicherungsträger außerhalb dieses Verfahrens (LSG Hessen, Beschluss v. 12.1.2005, L 8/14 KR 110/04 ER; Seewald, in: Kasseler Kommentar, 4/2009, SGB IV, § 7a Rn. 25; Frehse, in: Jansen, SGB IV, 8/2009, § 7a Rn. 23; Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, 5/2009, SGB IV, § 7a Rn. 21). Die Regelung ist demnach auf Entscheidungen der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV anzuwenden. Indessen: Zwar sollte § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nach der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit nicht nur für Statusentscheidungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) gelten, sondern ausdrücklich auch für Statusentscheidungen der übrigen Sozialversicherungsträger außerhalb des Anfrageverfahrens (vgl. BT-Drs. 14/1855 S. 8; LSG Hamburg, Beschluss v. 25.10.2000, L 3 B 80/00 ER; a. A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 5.11.2008, L 16 B 7/08 R ER), doch folgt weder aus dem Wortlaut des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV noch aus seiner systematischen Stellung innerhalb der Regelungen des mit Wirkung zum 1.1.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit v. 20.12.1999 (BGBl. I 2000 S. 2) geschaffenen Anfrageverfahrens eine aufschiebende Wirkung der genannten Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Rahmen von Betriebsprüfungen bei den Arbeitgebern auf der Grundlage des § 28p SGB IV. Etwas anderes gilt auch nicht nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV (LSG Bayern, Beschluss v. 16.3.2010, L 5 R 21/10 B ER; Beschluss v. 7.1.2010, L 5 R 881/09 B ER).

 

Rz. 40

Von § 86a Abs. 2 Nr. 1 erfasst werden:

 

Rz. 41

Von § 86a Abs. 2 nicht erfasst werden:

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