Rz. 61
Abs. 2 unterscheidet zwischen Sicherungsanordnung (Satz 1) und Regelungsanordnung (Satz 2). Ungeachtet von Unterschieden im einzelnen sollen beide Instrumente sicherstellen, dass bis zur Entscheidung der Hauptsache die Durchsetzung des materiellen Rechts im Hauptsacheverfahren offen gehalten wird (Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 6). Mittels der Sicherungsanordnung wird der "Status quo" erhalten (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 11.8.2011, L 4 P 8/11 B ER; Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 86b Rn. 59; Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 7), während die Regelungsanordnung bezweckt, eine Rechtsposition vorläufig zu verbessern oder zu erweitern (Wehrhahn, a. a. O., § 86b Rn. 61; Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 6). Vorläufigkeit und Sicherungszweck schließen die Entscheidung der Hauptsache vorwegnehmende Maßnahmen aus, indem sie der Befriedigung des geltend gemachten Rechts dienen (Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 13).
Rz. 62
Abs. 2 ermöglicht es dem Gericht grundsätzlich nicht, der Verwaltung mittels einstweiliger Anordnung den Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes zu untersagen (Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 18, 22; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 123 Rn. 3b), denn der einstweilige Rechtsschutz gegen belastende Verwaltungsakte richtet sich nach Abs. 1 (vgl. auch BVerwG, Beschluss v. 7.5.1987, 3 C 53/85. DVBl 1987 S. 1071; VGH Hessen, Beschluss v. 2.8.1995, 4 UE 632/95, NVwZ-RR 1996 S. 317).
Rz. 63
Die Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsanordnung ist unsicher. Sie ist letztlich unerheblich, denn beide Fälle unterliegen derselben Behandlung (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 940 Rn. 1; Heinze, in: MünchKommZPO, 1992, § 940 Rn. 1 ff.; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 6; LSG NRW, Beschluss v. 28.12.2010, L 11 KA 60/10 B ER; Beschluss v. 4.10.2011, L 11 KA 50/11 B ER). Ob und inwieweit eine Unterlassungsverfügung als Sicherungsanordnung i. S. d. § 86b Abs. 2 Satz 1 zu verstehen (LSG NRW, Beschluss v. 15.11.2006, L 16 B 28/06 KR ER; Beschluss v. 1.7.2010, L 5 KR 253/10 B ER) oder § 86b Abs. 2 Satz 2 (Regelungsanordnung) zuzurechnen ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 2.11.2009, L 11 KR 3727/09 ER-B), kann daher offen bleiben (LSG NRW, Beschluss v. 6.9.2010, L 11 KA 3/10 B ER, MedR 2011 S. 392).
Rz. 64
Abs. 2 verlangt zum Erlass einer einstweiligen Anordnung wie § 123 Abs. 1 VwGO in Anlehnung an die Regelungen über den Arrest und die einstweilige Verfügung in der ZPO (§§ 920, 935, 940 ZPO) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund. Den Anordnungsgrund definiert § 86b Abs. 2 für die Sicherungsanordnung einerseits und Regelungsanordnung andererseits jeweils eigenständig. Die Sicherungsanordnung setzt die Gefahr voraus, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustand die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 86b Abs. 2 Satz 1), hingegen verlangt die Regelungsanordnung, dass die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, § 86b Abs. 2 Satz 2 (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 12.10.2011, L 11 KA 96/11 B ER; Beschluss v. 12.7.2010, L 4 R 450/10 B ER).