Rz. 15
Ist die Klage unzulässig, weil beispielsweise kein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist, so ist die Klage abzuweisen. Zur Frage, ob das Vorliegen eines zureichenden Grundes im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen ist, siehe unter Rn. 11).
Ist die Klage vor Ablauf der Wartefrist erhoben worden, ist sie nach überwiegender Auffassung nicht als unzulässig abzuweisen, da der Mangel durch Ablauf der Frist geheilt werden kann (siehe unter Rn. 7). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Behörde den Verwaltungsakt/Widerspruchsbescheid noch innerhalb der Wartefrist erlässt. Da die Klage in einem derartigen Fall nicht mehr zulässig werden kann, ist sie abzuweisen, soweit der Kläger am Bescheidungsantrag festhält. Der Kläger kann den Klageantrag aber auch umstellen, siehe hierzu unter Rn. 21 ff.
Rz. 16
Ist die Untätigkeitsklage zulässig und begründet, weil kein zureichender Grund für die Nichtbescheidung vorliegt, so hat ein Bescheidungsurteil nach § 131 Abs. 3 zu ergehen. Der Tenor könnte wie folgt lauten:
Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag des Klägers vom ... unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Rz. 17
Es ist umstritten, ob unter Umständen auch unmittelbar zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts verurteilt werden kann, insbesondere wenn ohne weiteres feststeht, dass der geltend gemachte Rechtsanspruch besteht, z. B. weil die Beklagte den Anspruch ausschließlich aufgrund einer unzutreffenden Rechtsauffassung ablehnt. Insoweit wird teilweise die Regelung des § 131 Abs. 2 entsprechend herangezogen (vgl. BSGE 37 S. 186; BSG, Urteil v. 15.12.1994, 4 RA 67/93, BSGE 75 S. 262, 267; anders aber BSG, Urteil v. 10.3.1993, 14b/a REg 1/91, BSGE 72 S. 118; BSG, Urteil v. 8.12.1993, 14a RKa 1/93, BSGE 73 S. 244; LSG BW, Breithaupt 1990 S. 351, 352; offen gelassen vom BSG, SozR 3-8560 § 26 Nr. 2). Im Falle des § 88 Abs. 2 bejaht der 4. Senat des BSG die Zulässigkeit einer reinen Anfechtungsklage ohne abgeschlossenes Vorverfahren (SozR 3-8560 § 26 Nr. 2 = BSGE 75 S. 262, 267 f. = SozR 3-1500 § 88 Nr. 3). Nach h. M. wird dies aber abgelehnt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 88 Rn. 9 ff. m. w. N.).
Rz. 18
Liegt zwar ein zureichender Grund vor, steht aber von vornherein fest, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, so ist ebenfalls streitig, ob die Klage abzuweisen ist, weil der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt sein kann (so Peters/Sautter/Wolff, § 88 Anm. 2 und Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 88 Rn. 9a). Dem ist zwar insoweit zuzustimmen, als die Untätigkeitsklage in der Tat keinem Selbstzweck dient, sondern der Durchsetzung des materiellen Anspruchs, der nicht durch Untätigkeit vereitelt werden soll. Andererseits ist die Untätigkeitsklage aber als reine Bescheidungsklage angelegt. Zudem wird dem Antragsteller oder dem Widerspruchsführer sogar dann ein Recht auf Bescheidung eingeräumt, wenn Antrag bzw. Widerspruch unzulässig sind. Die von vornherein fehlende Erfolgsaussicht in materieller Hinsicht kann letztlich bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden, insbesondere, wenn die Erfolgsaussicht in der Sache offensichtlich war.
Rz. 19
In allen anderen Fällen des Vorliegens eines zureichenden Grundes ist das Verfahren nach § 88 Abs. 1 Satz 2 auszusetzen und eine Frist zu setzen. Die Frist richtet sich nach der Interessenlage im Einzelfall und kann verlängert werden. Das ergibt sich bereits aus § 65, da es sich um eine richterliche Frist handelt; § 88 Abs. 1 Satz 2 gibt hierfür eine zusätzliche Rechtsgrundlage. Die Aussetzung und Fristbestimmung hat ebenso wie die Fristverlängerung in Form eines Beschlusses innerhalb oder außerhalb der mündlichen Verhandlung zu erfolgen, § 124 Abs. 3. Außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit, § 12 Abs. 1 Satz 2 (vgl. auch BSGE 1 S. 36, 37; GrS BSGE 1 S. 1, 4). Der Aussetzungsbeschluss könnte wie folgt lauten:
Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Beklagten wird zum Erlass des am ... beantragten Verwaltungsakts eine Frist bis zum ... gesetzt.
Rz. 20
Gegen den Aussetzungs- und den Verlängerungsbeschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft, § 172 Abs. 1.
Entscheidet die Behörde innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht, ohne dass eine Verlängerung in Betracht kommt, so entscheidet das Gericht in der Sache. Es gilt dann das Gleiche wie bei Fehlen eines zureichenden Grundes von Anfang an, so dass grundsätzlich ein Bescheidungsurteil nach § 131 Abs. 3 zu ergehen hat.