Rz. 21
Erteilt die Behörde während des Klageverfahrens einen Verwaltungsakt bzw. den Widerspruchsbescheid, so ist danach zu unterscheiden, ob die Behörde dem Antrag stattgegeben hat oder nicht. Hat sie dem Antrag stattgegeben, ist der Klageantrag nach § 88 Abs. 1 Satz 3 für erledigt zu erklären. Das Gericht entscheidet auf Antrag nach § 102 Abs. 3 Satz 1, § 193 Abs. 1 Satz 3 über die Kosten dem Grunde nach. Unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Satz 3, insbesondere des Vorliegens eines berechtigten Interesses, kann der Kläger die Klage aber auch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen, sogar noch im Revisionsverfahren (BSG, Urteil, v. 8.12.1993, 14a RKa 1/93, BSGE 73 S. 244 ff.; SozR 3-1500 § 88 Nr. 1; a. A. SG Hannover, Breithaupt 1993 S. 165, 166). Der Tenor eines Fortsetzungsfeststellungsurteils könnte wie folgt lauten:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Antrag des Klägers vom ... auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden hat.
Rz. 22
Hat die Behörde dem Antrag nicht stattgegeben, ist die Klage gleichwohl unzulässig geworden, weil die Untätigkeitsklage nur auf Bescheidung schlechthin geht. Dem Kläger stehen folgende Möglichkeiten offen:
- Er kann die Klage zurücknehmen oder das Verfahren (in der Hautsache) für erledigt erklären und Rechtsmittel gegen den ablehnenden (Widerspruchs-)Bescheid einlegen.
Er kann die Klage auf eine Anfechtungs- und Leistungsklage umstellen (BSG, Beschluss v. 4.11.2009, B 8 SO 38/09 B, ZAP EN-Nr 199/2010; a. A. Zeihe, § 88 Rn. 9b). Die Umstellung ist eine Klageänderung i. S. d. § 99 Abs. 1, die aber nach h. M. i. d. R. sachdienlich ist (so LSG BW, Urteil v. 18.10.2007, L 7 SO 4334/06). Es sind folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden:
- Der Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts wird vor Fristablauf abgelehnt. Die Klage kann nach h. M. auf eine Verpflichtungsklage umgestellt werden. Es muss aber auch gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Liegen die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 vor, kann der Kläger hierauf umstellen. Es muss also grundsätzlich zunächst das Vorverfahren durchgeführt werden.
- Der Widerspruch wird vor Fristablauf zurückgewiesen. Der Kläger kann auf eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage umstellen.
- Der Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts wird nach Fristablauf abgelehnt. Der Kläger kann auf eine Verpflichtungsklage umstellen. Nach der überwiegenden Meinung ist das Vorverfahren entbehrlich (differenzierend: BVerwGE 66 S. 342).
- Der Widerspruch wird nach Ablauf der Sperrfrist zurückgewiesen. Der Kläger kann auf eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage umstellen.
Eine Klageänderung liegt nicht vor, wenn zuvor ein Antrag auf Erlass eines bestimmten Bescheids gestellt worden und als zulässig angesehen worden ist, § 99 Abs. 3 Nr. 3.
Rz. 23
Gegen ein Bescheidungsurteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben, unabhängig von dem Wert des Beschwerdegegenstands (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.11.2010, L 7 SO 2708/10, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.9.2010, L 10 AS 886/10, juris, Rn. 23).