Rz. 23
Nicht nur die Klageänderung selbst muss zulässig sein, sondern auch die geänderte Klage, d. h. nach einer Klageänderung müssen alle Prozessvoraussetzungen für die geänderte Klage erfüllt sein (BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 14/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; BSG, Urteil v. 16.11.2005, B 2 U 28/04 R, HVBG-Info 2006 S. 657; BSG, Urteil v. 10.2.2005, B 4 RA 48/04 R; BSG, Urteil v. 31.7 2002, B 4 RA 20/01, SozR 3-1500 § 29 Nr. 1; BSG, Urteil v. 11.6.1992, 12 RK 45/90; BSG, Urteil v. 29.6.1993, 12 RK 13/93, USK 93109; BSG, Urteil v. 15.8.1996, 9 RVs 10/94, SozR 3-3870 § 4 Nr. 13 m. w. N.; LSG BW, Urteil v. 24.5.2007, L 7 AS 3135/06, FEVS 59 S. 14; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.9.2006, L 11 SB 24/05; LSG Berlin, Urteil v. 25.3.2004, L 6 RA 135/97). Das ist auch im Revisionsverfahren – selbst ohne Rüge – noch von Amts wegen zu prüfen (BSG, SozR 3-3870 § 4 Nr. 13). Die Sachurteilsvoraussetzungen können auch nicht durch Zustimmung der übrigen Beteiligten ersetzt werden (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 20.5.1999, L 4 Vs 76/98).
Rz. 24
Deshalb ist ein neuer Klageantrag insoweit nicht zulässig, als er zuvor bereits wirksam zurückgenommen worden ist und daher eine erneute prozessuale Geltendmachung ausgeschlossen ist (BSG, Urteil v. 31.3.1993, 13 RJ 33/91). Ferner ist er nicht zulässig, soweit ein Bescheid wegen Ablaufs der Klagefrist bestandskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil v. 3.3 2009, B 4 AS 37/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 15 = NZS 2010, 109; BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 16).
Rz. 25
Unterschiedlich gesehen worden ist in der Rechtsprechung, inwieweit sich das Fehlen eines nach § 78 erforderlichen Vorverfahrens auswirkt. So hielt der 12. Senat des BSG die an sich erforderliche, aber wegen eines Beteiligtenwechsels fehlende Durchführung eines Vorverfahrens für entbehrlich, weil der Ehemann der Klägerin den Widerspruchsbescheid erhalten hat (BSG, Urteil v. 29.6.1993, 12 RK 13/93, USK 93109). Der 6. Senat hielt – wie auch weitere Senate – ein Vorverfahren aus prozessökonomischen Gründen für entbehrlich, wenn über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden sei und die zuständige Behörde mit der Klageerwiderung zu erkennen gegeben habe, dass sie an ihrer bisherigen Auffassung festhalte (BSG, Urteil v. 7.2.1996, 6 RKa 42/95, SozR 3-2500 § 85 Nr. 12 m. w. N. = Breithaupt 1996 S. 973). Mit der Entscheidung v. 3.3.1999 (B 6 KA 10/98 R, SozR 3-5540 Anl. 1 § 10 Nr. 1) hat er aber zum Ausdruck gebracht, dass dies nicht als allgemeiner Grundsatz zu verstehen sei. Es sei vielmehr entscheidend darauf abzustellen, ob sich die Beklagte ausreichend mit der Recht- und Zweckmäßigkeit der gleich gelagerten Verwaltungsakte auseinander gesetzt habe. Habe sie sich nicht ausreichend mit den von der Klägerseite vorgetragenen Bedenken auseinander gesetzt, seien die Widerspruchsbescheide noch nachzuholen, was der Beklagten erforderlichenfalls durch Zwischenurteil aufzuerlegen sei. Nach Auffassung des LSG Schleswig-Holstein ist ein Vorverfahren entbehrlich (LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 5.10.2000, L 5 KG 2/00, SGb 2001 S. 559). In der jüngeren Rechtsprechung ist aber von der Notwendigkeit des Vorverfahrens ausgegangen worden (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 14/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; BSG, Urteil v. 16.11.2005, B 2 U 28/04 R, HVBG-Info 2006 S. 657; BSG, Urteil v. 10.2.2005, B 4 RA 48/04 R; LSG BW, Urteil v. 24.5.2007, L 7 AS 3135/06, FEVS 59 S. 14, unter Bezugnahme auf BSGE 90 S. 143; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.9.2006, L 11 SB 24/05). In der Entscheidung v. 3.3.2009, B 4 AS 37/08 R (SozR 4-4200 § 22 Nr. 15 = NZS 2010, 109) hielt der 4. Senat das Vorverfahren in einem Fall, in dem ein Widerspruchsbescheid mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe unwirksam war, ausnahmsweise für entbehrlich.