Rz. 8
Originär gelten §§ 172 bis 177 sowie für die Nichtzulassungsbeschwerde § 145 bzw. § 160a. Anzuwenden sind ferner die Vorschriften des Ersten Teils, soweit auf das Beschwerdeverfahren übertragbar. Außerdem gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 60 bis 75), wobei § 66 (Rechtsmittelbelehrung) durch § 173 Satz 3 modifiziert wird (Leitherer, SGG, vor § 172 Rn. 4). Schließlich sind die Vorschriften über die Berufung (§§ 143 ff.) und über das Verfahren im ersten Rechtszug (§ 87 ff.) heranzuziehen. Hierzu rechnen § 123 mit der Bindung an das Beschwerdebegehren (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 28.12.2010, L 11 KA 60/10 B ER), § 101 (Vergleich), § 103 (Untersuchungsgrundsatz), § 104 (Mitteilung der Beschwerdeschrift), § 106 (Aufklärungspflicht), § 106a (Zurückweisung von Vorbringen), § 107 (Mitteilung von Beweisergebnissen) und § 108 (vorbereitende Schriftsätze). Da das LSG fakultativ aufgrund mündlicher Verhandlung mit ehrenamtlichen Richtern entscheiden (§§ 110 ff.) und nötigenfalls auch Beweis erheben kann, greifen ggf. die §§ 116 ff. (Beweisaufnahme). Verkündung und Zustellung bestimmen sich nach § 133 Satz 2. Für die Richterunterschrift gilt § 134. Von den Berufungsvorschriften ist § 156 für die Beschwerderücknahme zu beachten (Leitherer, SGG, vor § 172 Rn. 4). Anzuwenden sind ferner § 142, insbesondere dessen Abs. 2 Satz 3 (Begründung). Im Einzelnen umstritten ist, ob und inwieweit § 138 (Berichtigung des Urteils; hierzu § 138 Rz 2), § 139 (Berichtigung des Tatbestandes; hierzu Kommentierung zu § 139 Rz 5), § 140 (Urteilsergänzung; hierzu Kommentierung zu § 140 Rz. 2) gelten. § 141 (materielle Rechtskraft) hat jedenfalls in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Bedeutung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 1.2.2011, L 9 KR 362/10 B ER; LSG NRW, Beschluss v. 20.12.2010, L 19 AS 1918/10 B ER; Beschluss v. 3.5.2010, L 11 B 23/09 KA ER).
Rz. 9
Das Verbot der reformatio in peius gilt grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren (LSG Bayern, Beschluss v. 2.12.2011, L 15 SF 28/11 B E; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 30.8.2011, L 5 AS 330/11 B ER; LSG Niedersachsen, Beschluss v. 23.5.1997, L 5 S [Ka] 63/97; Breithaupt 1998 S. 145/146), kann allerdings mittels eines Anschlussrechtsbehelfs beseitigt werden (LSG NRW, Beschluss v. 16.3.2011, MedR 2011 S. 428; zur Anschlusserinnerung: LSG NRW, Beschluss v. 21.10.2011, L 20 SO 373/11 B; vgl. Rz. 5, 5a). Eine unselbstständige Anschlussbeschwerde ist entsprechend § 567 Abs. 3 ZPO bis zur Entscheidung über die Beschwerde statthaft (LSG NRW, Beschluss v. 16.3.2011, MedR 2011 S. 428; Beschluss v. 13.4.2004, L 4 B 6/03; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 10.1.2011, L 10 KR 71/10 B; Peters/Sautter/Wolff, SGG, 9/2002, § 172 Rn. 11 ff.; Leitherer, SGG, vor § 172 Rn. 4a). Für die Form der Anschließung ist § 173 maßgebend. Ob eine Anschlussbeschwerde in Streitwertbeschwerdeverfahren nach §§ 63, 68 GKG statthaft ist (verneinend OVG Sachsen, Beschluss v. 23.7.2009, 5 E 79/09; LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.10.2005, 3 Ta 159/05), ist umstritten (hierzu LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 10.1.2011, L 10 KR 71/10 B).
Rz. 10
Nicht statthaft ist eine unselbständige Anschluss-Nichtzulassungsbeschwerde (BSG, Beschluss v. 21.2.1991, 6 BKa 40/90, SozR 3-1500 § 160 Nr. 3; Keller, SGG, vor § 172 Rn. 4a). Das gilt sowohl für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 als auch nach § 160a.