Rz. 9
Abs. 1 Nr. 2 enthält mit der Verpflichtung, soziale Dienste und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, ein institutionelles Sicherstellungsgebot (so auch Knecht, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 17 Rz. 14, Stand: November 2015). Die Leistungsträger haben kraft ihrer Planungsverantwortung darauf hinzuwirken, dass die erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (BVerwG, Urteil v. 30.9.1993, 5 C 41.91). Eine umfassende Verwirklichung der sozialen Rechte wäre ansonsten nicht möglich. Die Verpflichtung bezieht sich auf alle denkbaren und notwendigen Institutionen, die gegenüber den Sozialleistungsberechtigten die Sozialleistungen tatsächlich erbringen und die im weitesten Sinn als Leistungsanbieter oder -erbringer in Betracht kommen.
Rz. 10
Die Vorschrift enthält allerdings keine klare Abgrenzung und Zuordnung zwischen Einrichtungen und deren Organisation. Zu den Einrichtungen gehören sicherlich die Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und Heime etc.. Unter sozialen Diensten lassen sich die selbständigen Dienstleistungserbringer wie Ärzte und Zahnärzte, Therapeuten, Hebammen und Entbindungspfleger und ärztliche, pflegerische oder betreuende Dienstleister verstehen. Die Übergänge sind aber fließend. Die Frage, welche Einrichtungen und Dienste überhaupt erforderlich sind oder durch neue gesetzliche Regelungen erforderlich werden, regelt § 17 nicht. Erst durch Rückgriff auf die materiellrechtlichen Ansprüche kann bestimmt und festgestellt werden, welche Einrichtungen oder Dienste für welche konkreten Sach- der Dienstleistungen zur Verfügung stehen müssen. Grundsätzlich lässt es die Verpflichtung des § 17 auch offen, ob der Sozialleistungsträger eigene Einrichtungen schafft oder Personal für die Dienstleistungen vorhält oder er sich zur Erledigung seiner Aufgaben fremder Einrichtungen oder Dienstleister bedient oder sogar vorrangig bedienen muss oder soll (für die Jugendhilfe vgl. § 4 SGB VIII und Komm. dort).
Rz. 11
Die Vorschrift selbst enthält keine Aussage dazu, nach welchen gesetzlichen Regelungen letztlich die sozialen Dienste und Einrichtungen zu errichten sind. Ob der einzelne Leistungsträger daher überhaupt selbst Eigeneinrichtungen schaffen oder Dienstleistungen anbieten kann und darf oder ob er sich externer Leistungsanbieter bedienen muss oder darf, wird zumeist durch andere Gesetze bestimmt. In diesen Gesetzen wird zumeist auch bestimmt, wer über die Errichtung oder Zulassung von Leistungserbringern und deren Anzahl entscheidet. So wird z. B. die Errichtung von Krankenhäusern und deren Anzahl von den Ländern bestimmt. Gleiches gilt z. B. auch für die Zulassung von Rettungsdiensten. Die Zulassung von Ärzten oder Zahnärzten erfolgt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, wobei den Krankenkassen als Leistungserbringern im Planungs- und Zulassungsverfahren allenfalls ein Mitwirkungsrecht zusteht. In der Pflegeversicherung dürfen ambulante und stationäre Pflegeleistungen nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren werden, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 78 SGB XI besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). Dieser Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist (§ 78 Abs. 2 SGB XI). Im Rehabilitationsrecht ist vorgesehen, dass die Rehabilitationsträger gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hinwirken, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen (vgl. § 19 Abs. 1 SGB IX und Komm. dort). Insgesamt lässt sich dabei feststellen, dass nicht der einzelne Leistungsträger, sondern diese insgesamt (zumeist durch Verbände oder Vereinigungen vertreten) für die Sicherstellung der notwendigen Dienste und Einrichtungen verantwortlich sind. Eigeneinrichtungen dürfen die Krankenkassen nur für die Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung (§§ 72, 72a SGB V) nach Maßgabe des § 140 SGB V (vgl. Komm. dort) errichten; ansonsten gilt hier das Sachleistungsprinzip (§ 2 SGB V), also die Leistungserbringung durch zur Leistungserbringung zugelassene Dritte. Das an die Sozialleistungsträger gerichtete Sicherstellungsgebot steht daher unter einem ungeschriebenen Vorbehalt spezieller Regelungen.