Rz. 17
Unwirksam sind alle Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten führen. Es muss nicht zwingend ein wirtschaftlicher Nachteil entstehen; auch ein verfahrensrechtlicher Nachteil ist ausreichend. Ein nur ideeller Nachteil ist jedoch nicht ausreichend, da dann keine Abweichung von einer durch das SGB eingeräumten Rechtsposition vorliegt. Ob sich die Vereinbarung nachteilig auswirkt, ist allein anhand der sozialrechtlichen Vorschriften zu bestimmen. Eine Saldierung der sozialrechtlichen Nachteile mit versprochenen oder entstehenden Vorteilen findet nicht statt (BT-Drs. 7/868 S. 27; vgl. auch BGH, Urteil v. 19.2.1997, XII ZR 236/95). Eine solche, auch beschränkte Saldierung scheitert zumeist schon an nicht vorhersehbaren künftigen Folgen in der Sozialversicherung, der fehlenden Vergleichbarkeit von Sozialleistungsansprüchen und -anwartschaften und einer Gegenleistung und würde entgegen dem Zweck der Vorschrift die sozialen Rechte zur Disposition stellen (so auch Mrozynski, SGB I, 6. Aufl., § 32 Rz. 6). Im Bereich der Sozialversicherung kann die Frage des Nachteils daher auch nicht getrennt nach einzelnen Versicherungszweigen beurteilt werden. Ein Nachteil tritt daher auch dann ein, wenn durch Vereinbarungen nur in einem Versicherungszweig sozialrechtliche Nachteile entstehen, auch wenn in anderen Zweigen wirtschaftliche Vorteile entstehen.
Rz. 18
Danach entsteht ein Nachteil immer dann, wenn Versicherungsschutz, Anwartschaftszeiten oder gesetzliche Ansprüche auf der Grundlage der Sozialgesetzbücher bestehen würden, bei Zugrundelegung der privatrechtlichen Vereinbarung jedoch nicht. Als unwirksame Abreden sind auch Vereinbarungen anzusehen, mit denen Arbeitsentgeltzahlungen als "beitragsfreie Abfindung" deklariert werden (BSG, Urteil v. 21.2.1990, 12 RK 65/87), es sich jedoch um die Nachzahlung von geschuldetem und damit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt handelt.
Rz. 19
Der Nachteil der Vereinbarung muss nicht notwendig auf Ansprüche bezogen sein, sondern kann sich auch auf das Verwaltungsverfahren beziehen, etwa die Abrede, einen allein verfahrensauslösenden Antrag nicht zu stellen, um Ermittlungen zu vermeiden, die zu Regressansprüchen führen. Auch die Rückabtretung von auf Sozialversicherungsträger übergegangenen Ansprüchen zur Geltendmachung durch den Berechtigten stellt eine nachteilige Vereinbarung dar, weil dieser dann zumindest die Last des Verfahrens trägt (vgl. BGH, Urteil v. 19.2.1997, XII ZR 236/95). Bei lediglich ideellen Nachteilen, die nicht ausreichend sind, weil nach dem Wortlaut "von Vorschriften dieses Gesetzbuches" durch die privatrechtliche Vereinbarung abgewichen werden muss (so auch Mrozynski, SGB I, 6. Aufl., § 32 Rz. 6), wird es zumeist ohnehin an einer sozialrechtlichen Rechtsposition fehlen, die Anlass für einen Rückgriff auf § 32 gibt.