Rz. 27
Die Regelung in Abs. 2 Satz 3 betrifft 2 Fallgruppen, für die das Gesetz einen vorläufigen Leistungseintritt der nach Abs. 1 zuständigen Behörde anordnet. Fallgruppe 1 betrifft die Situation, dass spätestens 4 Wochen nach Eintritt des Leistungsfalles (Inkenntnissetzen der sachlich zuständigen Behörde durch die Einrichtung oder sonstige Kenntniserlangung der Behörde) noch immer kein gewöhnlicher Aufenthalt feststeht. Fallgruppe 2 regelt den sog. Eilfall.
Rz. 28
Ein Eilfall liegt nur dann vor, wenn die nach Abs. 2 Satz 1 an sich zuständige Behörde zur sofortigen Leistung nicht in der Lage ist und die Leistungsgewährung aus objektiver Sicht keinen Aufschub duldet. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss die nach Abs. 1 zuständige Behörde sofort handeln und kann sich nicht auf die 4-Wochen-Frist der ersten Fallgruppe des Abs. 2 Satz 3 berufen. Sie hat vielmehr unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten.
Rz. 29
Die Pflicht, vorläufig einzutreten, ist nur gegenüber der an sich zuständigen Behörde eine vorläufige Pflicht. Im Verhältnis zum Hilfeempfänger ist sie eine dauerhafte, wenn der an sich zuständige Leistungsträger nicht rechtzeitig geleistet hat und deshalb unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten war. Damit gehen Zweifel in Bezug auf die Zuständigkeit nicht zulasten des Hilfeempfängers. Gleichwohl bleibt die Leistungserbringung im Verhältnis zur an sich zuständigen Behörde eine "vorläufige Leistungsgewährung"; denn diese ist zum Ersatz der Aufwendungen im Verhältnis zur vorläufig leistenden Behörde verpflichtet (BVerwG, Beschluss v. 19.6.2006, 5 B 70/05).
Rz. 30
Die Zuständigkeitsregelung des Abs. 2 Satz 3 geht, soweit ihre Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, als speziellere Regelung der Bestimmung des Abs. 2 Satz 1 vor (BVerwG, Beschluss v. 19.6.2006, 5 B 70/05; SG Gießen, Urteil v. 16.6.2009, S 18 AY 9/08). Nach Auffassung des SG Gießen (a. a. O.) regelt die Bestimmung auch den Fall, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht bestand oder ein solcher nicht ermittelt werden kann. Die vorläufige Eintrittspflicht werde dann zu einer endgültigen Leistungspflicht. Ergibt sich die Zuständigkeit aus § 10a Abs. 2 Satz 3, so ist keine Unzuständigkeit nach § 105 SGB X gegeben (SG Gießen, a. a. O.).
Rz. 31
Ein Kostenerstattungsanspruch der vorläufig eintretenden Behörde gegen die an sich zuständige Behörde ergibt sich aus § 10b Abs. 1 (zu den Einzelheiten vgl. die dortige Komm.).