0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Asylbewerberleistungsgesetz v. 30.6.1993 (BGBl. I S. 1074) in Kraft getreten und regelte ursprünglich die Meldepflicht bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sowie Sanktionen bei Verletzung dieser Meldepflicht (Bußgeld).
Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes v. 26.5.1997 (BGBl. I S. 1130) wurde die Vorschrift neu gefasst und bekam den heutigen Regelungsinhalt. Die Meldepflichten bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sind nunmehr in § 8a geregelt. Die Bußgeldbestimmungen finden sich jetzt in § 13.
Durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) erfolgte mit Wirkung zum 1.1.2005 nur noch eine redaktionelle Anpassung an dieses ebenfalls zum 1.1.2005 in Kraft getretene Gesetz. Auch im Rahmen der Novellierung großer Teile des AsylbLG durch das Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes v. 10.12.2014 (BGBl. I S. 2187) erfolgte keine Änderung des § 8. Lediglich durch Artikel 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I, S. 1722) wurden die Wörter in Absatz 2 "§ 3 Absatz 1 Satz 4" mit Wirkung ab dem 24.10.2015 durch die Wörter "§ 3 Absatz 1 Satz 8" ersetzt. Dies war eine Konsequenz der mit demselben Gesetz vorgenommenen Neufassung des § 3 (Neuordnung der Grundleistungen). Die Asylpakete II (Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016) und III (Integrationsgesetz v. 31.7.2016) sowie das 9. Änderungsgesetz zum SGB II v. 26.7.2016 haben § 8 nicht verändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 8 gilt nicht nur für den Personenkreis, der nach § 3 leistungsberechtigt ist, sondern auch für die in § 2 angesprochenen Personen, die sog. Analog-Leistungen beziehen (Birk, in: LPK-SGB XII, § 8 AsylbLG Rz. 1). Dies ergibt sich bereits daraus, dass § 2 nach seinem Wortlaut nur eine abweichende Regelung im Hinblick auf die §§ 3 bis 7 vorsieht.
Rz. 3
Die Überschrift "Leistung bei Verpflichtung Dritter" ist insofern ungenau, als der Regelungsgehalt des § 8 darüber hinausgeht. Geregelt wird in § 8 der Umfang des Leistungsanspruchs des Ausländers in den Fällen, in denen der Ausländer durch anderweitige Leistungen seinen Lebensunterhalt decken kann. Hauptanwendungsfall des § 8 ist dabei die Haftung eines Dritten für den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten nach § 68 AufenthG (vormals § 84 AuslG 1990).
Rz. 4
Abs. 1 Satz 1 ist eine der zahlreichen Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes, die den Nachrang der Ansprüche nach diesem Gesetz betont. Weitere Vorschriften dieser Art finden sich in § 7 Abs. 1 (kein Anspruch, wenn Einkommen und/oder Vermögen des Berechtigten vorhanden sind/ist) und § 7 Abs. 3 (Überleitung von Ansprüchen des Berechtigten gegen Dritte). Ansprüche auf Sozialhilfe sind nach § 9 Abs. 1 ausgeschlossen.
2 Rechtspraxis
2.1 Ausschluss von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 5
Eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG schließt einen Anspruch aus §§ 3 f. AsylbLG nur dann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 aus, wenn der Leistungsberechtigte von demjenigen, der die Erklärung i. S. d. § 68 AufenthG abgegeben hat, auch tatsächlich Leistungen erhält (VG Karlsruhe, Beschluss v. 18.3.2002, 8 K 521/02, InfAuslR 2003 S. 113; SG Dortmund, Beschluss v. 11.5.2011, S 47 AY 58/11 ER). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift "gedeckt wird". Weigert sich also der Verpflichtete, den Lebensunterhalt des Angehörigen sicher zu stellen, steht die Verpflichtungserklärung einem Anspruch des Angehörigen etwa nach § 3 nicht entgegen. Nur diese Auslegung entspricht dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums gemäß Art 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG (SG Dortmund, a. a. O., unter Hinweis auf BVerfG v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09). Auch Ansprüche auf Leistungen bei Krankheit nach § 4 sind im Falle der Nichterfüllung der Verpflichtungserklärung gegeben (SG Dortmund, a. a. O.). Nimmt der Leistungsberechtigte das sog. Kirchenasyl in Anspruch, besteht keine anderweitige Bedarfsdeckung i. S. d. § 8 hinsichtlich der übrigen Bedarfe, wenn der Kirchenträger erklärt, er komme nur für Unterkunft und Heizkosten auf (Bay. LSG, Beschluss v. 11.11.2016, L 8 AY 28/16 B ER).
Rz. 5a
§ 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt derjenigen Behörde, die die öffentlichen Mittel für den Lebensunterhalt des Ausländers aufgewendet hat, einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden kann. Zuständig für derartige Klagen sind die Verwaltungsgerichte (BSG, Beschluss v. 26.10.2010, B 8 AY 1/09 R).
Demgegenüber begründet die Verpflichtungserklärung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den betreffenden Ausländer selbst keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegen den Erklärenden (VG Karlsruhe, a. a. O., unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 19.11.1993, 6 S 2371/93, und BayVGH, Urteil v. 23.2.1994, NVwZ-RR 1994 S. 450). Hat der Ausländer aber keinen eigenen Anspruch gegen denjenigen, der die Verpflichtun...