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Widerspruch und die ggf. nachfolgende Klage gegen den Bescheid über die Inobhutnahme haben gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Infolge dessen darf die Inobhutnahme solange nicht durchgeführt (vollzogen) werden, bis über den Widerspruch und ggf. die nachfolgende Klage entschieden worden ist. Gegen die Anordnung der Inobhutnahme aufgrund einer Altersfeststellung nach § 42f haben Widerspruch und Klage indes gemäß § 42f Abs. 3 keine aufschiebende Wirkung. Ansonsten entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch nicht kraft Gesetzes. Da vielfach eine Gefährdung des Kindeswohls die Inobhutnahme gemäß Abs. 1 erfordert – gemäß Abs. 1 Nr. 2 ist die dringende Gefahr sogar Voraussetzung für die Inobhutnahme –, kann das zuständige Jugendamt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung entfällt. Voraussetzung ist, dass die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten ist. Bei einer Gefährdung des Kindeswohls ist diese Voraussetzung erfüllt. Wichtig: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung muss im Bescheid gesondert angeordnet und schriftlich begründet werden. Einer besonderen Begründung bedarf es gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO nur dann nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum, vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft. Gefahr ist nur dann "im Verzug", wenn deren Abwendung keinen Aufschub duldet, wenn also gerade durch das Fertigen der an sich regelmäßig erforderlichen formellen Rechtfertigung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zweck des Verwaltungsakts vereitelt zu werden droht (Bay. VGH, Beschluss v. 21.12.2020, M 18 S 20.6711). Nach dem Vollzug der Inobhutnahme ist in einem solchen Fall die schriftliche Begründung nachzuholen (Bay. VGH, Beschluss v. 2.10.2020, M 18 S 20.4482). Nach Anordnung der sofortigen Vollziehung kann das Verwaltungsgericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen den Bescheid wiederherstellen. Dieser Antrag kann von den Eltern oder auch von einem sorgeberechtigten Elternteil beim Verwaltungsgericht allein gestellt werden (VG Würzburg, Beschluss v. 28.7.2020, W 3 S 20.894).

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