Rz. 8
Abs. 4 regelt die Tatbestände, die einen Ausschluss der Durchführung eines Verteilungsverfahrens begründen. Die Entscheidung darüber ist bereits in § 42a Abs. 2 Satz 2 dem Jugendamt zugewiesen, das den Minderjährigen vorläufig in Obhut genommen hat (vgl. die Komm. zu § 42a Rz. 12 ff.). Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/5921 S. 26) gibt keinen Hinweis darauf, ob die Gründe für den Ausschluss § 42a Abs. 2 Satz 1 bis 4 oder § 42b Abs. 4 Satz 1 bis 4 zu entnehmen sind. Die in den genannten Vorschriften normierten Tatbestände sind zum erheblichen Teil deckungsgleich. Rein zeitlich ist zuerst die Einschätzung und die Entscheidung nach § 42a Abs. 2 von dem dafür zuständigen Jugendamt nach den dort normierten Kriterien zu treffen. Erst danach erfolgt gemäß § 42a Abs. 4 Satz 1 die Mitteilung an die nach Landesrecht zuständige Stelle, die sodann den Minderjährigen beim Bundesverwaltungsamt entweder zur Verteilung anmeldet oder den Ausschluss der Verteilung anzeigt. Damit geht die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz an das nach § 42b Abs. 1 zuständige Bundesverwaltungsamt über, das sodann auch die Prüfung der Ausschließungsgründe nach Abs. 4 vorzunehmen hat.
Rz. 9
Abs. 4 Nr. 1 benennt ebenso wie § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 das Kindeswohl als Ausschließungsgrund (vgl. die Komm. zu § 42a Rz. 13).
Rz. 10
Abs. 4 Nr. 2 entspricht § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4. Danach ist die Durchführung des Verteilungsverfahrens ausgeschlossen, wenn der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt (vgl. die Komm. zu § 42a Rz. 16). Dabei sind auch die bei Dritten bestehenden oder entstehenden Gesundheitsgefahren zu beachten. Dies ist insbesondere bei ansteckenden Krankheiten der Fall, bei denen die Ansteckungsgefahr länger andauert.
Rz. 11
Ausgeschlossen ist die Verteilung nach Abs. 4 Nr. 3 bei der Möglichkeit einer Familienzusammenführung im In- oder Ausland innerhalb weniger Tage, wenn diese dem Kindeswohl entspricht, insbesondere im Rahmen der Verordnung (EU) 604/2013. In den Fällen, in denen eine Rückführung des unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen möglich ist und dies nach kurzer Zeit feststeht, findet keine Verteilung aus der vorläufigen Inobhutnahme statt. Die Tatsachen, die zu einem Ausschluss der Verteilung führen können, sind Gegenstand des Erstscreenings, das durch das für die vorläufige Inobhutnahme zuständige Jugendamt durchzuführen ist (BT-Drs. 18/5921 S. 26).
Rz. 12
Ferner besteht nach Abs. 4 Nr. 4 ein Verteilungsausschluss, wenn sich das Kind bzw. der Jugendliche länger als einen Monat in der vorläufigen Obhut des Jugendamts am Ort seines Aufgriffs befindet. Der Ausschluss der Verteilung nach Überschreiten der Monatsfrist schränkt die Möglichkeiten des Jugendamts nicht ein, ein anderes Jugendamt um die Übernahme der Zuständigkeit für die Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen zu bitten, wenn z. B. die dortige Betreuung oder Unterbringung dem Wohl des Kindes dient und seinen spezifischen Bedürfnissen besser gerecht werden kann. Die Monatsfrist, innerhalb derer das Verfahren zur Verteilung unbegleitet eingereister ausländischer Kinder und Jugendlicher durchzuführen ist, beginnt (erst) mit der Feststellung der Minderjährigkeit und nicht bereits mit Beginn der vorläufigen Inobhutnahme zum Zwecke der Altersbestimmung zu laufen (BVerwG, Urteil v. 26.4.2018, 5 C 11/17 mit Anm. Kirchhoff, juris-PK-SozR 17/2018 Anm. 2). Für den Zeitraum bis Ende 2015 ist ferner die Übergangsregelung in § 42d Abs. 3 Satz 1 zu beachten, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Monatsfrist sich auf 2 Monate verlängert.
Rz. 13
Auch dann wenn nach Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ein Ausschlussgrund besteht, kann gemäß § 88a Abs. 2 Satz 3 ein anderer Träger aus Gründen des Kindeswohls oder aus sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht die örtliche Zuständigkeit von dem zuständigen Träger übernehmen. Dabei handelt es sich um eine Auffangregelung.