Rz. 4

Für die "reguläre" Inobhutnahme nach § 42 an eine zuvor erfolgte vorläufige Inobhutnahme nach § 42a ist nach Abs. 2 Satz 1 grundsätzlich derjenige örtliche Träger zuständig, dem die zuständige Landesbehörde den unbegleiteten ausländischen Minderjährigen nach § 42b Abs. 3 Satz 1 zugewiesen hat. Da die Zuständigkeit nach Abs. 2 Satz 1 auf der Zuweisung beruht, bleibt sie auch dann bestehen, wenn der Jugendliche entweicht. Die Abgängigkeit führt nicht zur Beendigung der Zuständigkeit. Taucht der Jugendliche im Bereich eines anderen Jugendhilfeträgers wieder auf, so ist dieser gehalten, ihn zwar nach der Zuständigkeitsregel des § 87 aufzunehmen, ihn jedoch sogleich dem nach Abs. 2 Satz 1 zuständigen Träger wieder zuzuführen. Ist der Widerstand des Jugendlichen bei der Rückführung oder dessen erneute Abgängigkeit zu erwarten, so kommt ein Vorgehen nach Abs. 2 Satz 3 in Betracht (vgl. Lange, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 88a Rz. 26, und DIJuF-Rechtsgutachten v. 2.3.2017, SN 2017 0651 DE/Af – Örtliche Zuständigkeit und Kostenerstattung: Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern nach deren Entweichen/bei Abgängigkeit, JAmt 2018 S. 147).

 

Rz. 4a

Nach Abs. 2 Satz 2 bleibt der nach Abs. 1 für die vorläufige Inobhutnahmen zuständige Träger auch für die anschließende "reguläre" Inobhutnahme zuständig, wenn die Durchführung eines Verteilungsverfahrens nach § 42b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 bei einem unbegleiteten ausländischen Kind oder Jugendlichen ausgeschlossen ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Durchführung des Verteilungsverfahrens nicht innerhalb von einem Monat nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme erfolgt (§ 42b Abs. 4 Nr. 4).

 

Rz. 4b

Abs. 2 Satz 3 bietet Jugendhilfeträgern die Möglichkeit, die örtliche Zuständigkeit von einem (an sich) zuständigen Träger zu übernehmen. Dies "kann" zur Wahrung des Kindeswohls oder aus sonstigen humanitären Gründen geschehen. Solche Gründe können z. B. in einer Familienzusammenführung oder aber auch in diversen medizinischen Notlagen liegen (vgl. hierzu auch Katzenstein/González Méndez de Vigo/Meysen, JAmt 2015 S. 530). Ob eine derartige Zuständigkeitsübernahme tatsächlich auf freiwilliger Basis geschieht, dürfte im Zuge der Ausübung des dem übernehmenden Jugendhilfeträger zustehenden Ermessens zu klären sein. Ggf. reduziert sich dieses (Entschließungs-)Ermessen – je nach Fallkonstellation – auch auf 0, in der Folge dieser Träger dann in der Verpflichtung stünde, den Hilfefall zu übernehmen. Die Regelung in Satz 3 wird von § 42c Abs. 2 Satz 2 begleitet, wonach die "freiwillige" Übernahme der Zuständigkeit auf die Aufnahmequote des betreffenden Landes angerechnet wird.

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