Rz. 2
Abs. 1 regelt einen Anspruch auf Beratung, wobei der Gesetzgeber den Kreis der Anspruchsberechtigten wohl bewusst weit gefasst und grob umrissen hat. Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen, sind in den unterschiedlichsten Bereichen tätig. Gemeint sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6256 S. 39) auch die außerhalb des Systems der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Berufsgruppen. Sie nimmt auch die Schulen in den Blick und weist insoweit auf weitere Unterstützungsleistungen aufgrund landesrechtlicher Vorschriften hin. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf örtlicher Ebene, an die sich die Ansprüche auf Beratung richten, sind verpflichtet, im Rahmen der Gesamtverantwortung einen Pool von Fachkräften im Kinder- und Jugendschutz vorzuhalten. Der Beratungsanspruch soll bei der Einschätzung der Kindeswohlgefährdung im Einzelfall bestehen. Gemäß § 8a Abs. 4 Nr. 2 soll in den Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten der freien Kinder- und Jugendhilfe sichergestellt werden, dass bei der Gefährdungseinschätzung eine erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird.
Rz. 2a
Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 4 KKG zu sehen. Dort werden in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 Personengruppen genannt, die gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 KKG Anspruch auf Beratung haben sollen. Die Formulierungen in § 4 Abs. 1 KKG einerseits und § 8b Abs. 1 sind jedoch unterschiedlich. Während es sich bei den in § 4 Abs. 1 KKG genannten Personengruppen um die Berufsgeheimnisträger handelt, die in § 203 StGB aufgeführt sind, ist der in § 8b Abs. 1 genannte Personenkreis wesentlich weiter gefasst. Neben den in der Kinder- und Jugendhilfe beruflich Tätigen gehören auch außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe tätige Personen, die aber beruflich Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben, dazu (Kößler, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 8b Rz. 12 m. w. N.). Obwohl beide Regelungen durch das BKiSchG eingeführt wurden, sind sie nicht aufeinander abgestimmt, was zu Recht als unsystematisch zusammengewürfelter Normenmix ("Cocktailgesetz") bezeichnet wird (Kunkel, in: LPK SGB VIII, 5. Aufl., Anhang 1 zu § 1 Rz. 6). Während dem in § 4 Abs. 1 KKG genannten Kreis der Berufsgeheimnisträger neben dem Beratungsanspruch auch Handlungspflichten auferlegt werden, normiert § 8b Abs. 1 für den weiter gefassten Personenkreis ausschließlich einen Beratungsanspruch. Die Pseudonymisierung bei der Übermittlung der für die Beratung erforderlichen Daten (vgl. dazu die Komm. zu § 4 KKG Rz. 4) ist in Abs. 1 nicht ausdrücklich geregelt. Sie wird aber auch hier als Voraussetzung für eine qualifizierte, den Regelungen des Datenschutzes genügende Vorgehensweise zugrunde gelegt (Mann, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl., § 8b Rz. 6). Ehrenamtlich tätige Personen, die nicht in einer entlohnten Erwerbstätigkeit mitwirken, sind nicht einbezogen (Wiesner/Wapler/Wapler, 6. Aufl. 2022, SGB VIII, § 8b Rz. 9).