Rz. 6
Nach Abs. 2 entsteht der Erstattungsanspruch nicht, wenn es um Kosten unter 2.560,00 EUR bezogen auf einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten geht (zum materiell-rechtlichen Ausschlusscharakter der Norm: BVerwG, Urteil v. 13.5.2004, 5 C 740.02). Unterhalb dieses Betrages ist der Verwaltungsaufwand nach Auffassung des Gesetzgebers zu groß (BT-Drs. 12/4401 S. 84 zu Nr. 17). Hieraus folgt zugleich, dass bei Erreichen oder Überschreiten des Bagatellbetrages die Kosten insgesamt zu erstatten sind und nicht etwa stets ein Basisbetrag von 2.560,00 EUR in Abzug zu bringen ist. Ein anderes Verständnis der Vorschrift wäre nicht vom Regelungsziel gedeckt (BVerwG, Urteil v. 26.9.2002, 5 C 1.02).
In die Prüfung, ob die Bagatellgrenze überschritten wird, sind die Gesamtsozialhilfeaufwendungen einzustellen und nicht nur die durch die Hilfe zum Lebensunterhalt verursachten Kosten; denn eine solche Beschränkung enthält § 110 Abs. 2 nicht, auch nicht, indem Satz 2 auf § 27 Abs. 2 Satz 2 verweist. Dieser Verweis bezieht sich nur auf den dort beschriebenen Personenkreis (Kinder, Ehegatten und Lebenspartner), nicht aber auf die übrigen Regelungen, insbesondere nicht die dort normierte Beschränkung des Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt (BSG, Urteil v. 24.3.2009, B 8 SO 34/07 R). Ferner setzt die Einbeziehung der Kosten nicht voraus, dass sie später auch mit Erfolg durchgesetzt werden können. Für das Überschreiten der Bagatellgrenze ist es also unerheblich, ob die Leistung rechtmäßig gewährt oder gegen einen Teilbetrag die Einrede der Verjährung erhoben wurde. Denn bereits nach dem Wortlaut wird auf die (aufgewendeten) Kosten, nicht auf die rechtlich durchsetzbaren abgestellt (BSG, a. a. O.; so auch VG Braunschweig, Urteil v. 13.5.2004, 3 A 524/03). Ferner streitet hierfür die mit der Bestimmung verfolgte Vereinfachung, die regelmäßig konterkariert würde, wenn bei der Prüfung der Bagatellgrenze im Vorfeld der gerichtlichen Geltendmachung umfangreiche Feststellungen zur Verjährung usw. anzustellen wären (BSG, a. a. O.). Dahinter muss zurückstehen, dass im Einzelfall die Prüfung, ob die Bagatellgrenze durch verjährte Forderungen, deren Erstattung insoweit ausgeschlossen ist, auch zu einem Verwaltungsmehraufwand führen kann (so aber OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 29.1.2002, 12 A 11536/01; VG Saarland, Urteil v. 8.5.2006, 3 K 178/05, die verjährte Forderungen nicht in die Prüfung der Bagatellgrenze einstellen).
Umstritten ist, ob es sich bei der Bagatellgrenze um einen Ausschlusstatbestand handelt, der den Erstattungsanspruch erst gar nicht zum Entstehen bringt (BVerwG, Urteil v. 13.5.2004, 5 C 47/02, Rz. 17 zu § 111 Abs. 2 BSHG) oder um eine bloße Einrede des Erstattungspflichtigen, die einem Erstattungsbegehren entgegengehalten werden kann. Das BSG hat sich für einen Ausschlusstatbestand ausgesprochen, konnte die Frage aber im Ergebnis offenlassen (BSG, Urteil v. 27.2.2019, B 8 SO 10/17 R, Rz. 18). Für die Annahme eines Ausschlusstatbestandes spricht überzeugend der Wortlaut ("nicht zu erstatten"), der dafürspricht, dass ein Erstattungsanspruch erst gar nicht entsteht.
Bei längerer Leistungsgewährung ist es für die volle Kostenerstattung ausreichend, dass die Bagatellgrenze überhaupt überschritten wird. Damit sind auch dann alle Kosten zu erstatten, wenn nur in den ersten 12 Monaten der Leistungsgewährung die Bagatellgrenze erreicht wird und danach nicht mehr. Ferner dann, wenn sie in der ersten Zeit nicht, später aber doch erreicht wird (BVerwG, Urteil v. 26.9.2002, 5 C 1.02).
Gewährt der Sozialhilfeträger Mitgliedern einer Einsatzgemeinschaft i. S. v. § 27 Abs. 2 Satz 2 und 3 Leistungen, so sind die hierdurch entstehenden Kosten hinsichtlich der Bagatellgrenze zusammenzurechnen (Abs. 2 Satz 2). Das gilt nicht bei eheähnlicher Gemeinschaft oder bei Wohngemeinschaften, da diese in § 27 Abs. 2 Satz 2 nicht erwähnt werden (so auch BSG, a. a. O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 12.2.2002, 12 A 11868/01).
Rz. 7
Die Bagatellgrenze ist bei allen Kostenerstattungen nach §§ 106 bis 108 zu berücksichtigen. Sie gilt nicht bei anderen Erstattungsfällen zwischen Sozialhilfeträgern, z. B. nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X. Dafür spricht entscheidend die systematische Stellung von § 110. Diese Regelung befindet sich in Kap. 13 Abschn. 2 (Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe) und dort nach den §§ 106ff., die wiederum Erstattungsvorschriften enthalten. Die Regelung befindet sich aber nicht in einem "Allgemeinen Teil", der auch für andere Vorschriften gilt (Zeitler, NDV 1998 S. 104, 110; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.12.2002, 16 A 30/01 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, die sich neben dem BSHG nur auf § 105 SGB X beziehe; a. A. OVG Niedersachsen, Beschluss v. 31.3.2000, 12 L 902/00).
Auch nach der Rechtsprechung des BSG gilt die Bagatellgrenze nur für die Erstattungsansprüche nach §§ 106 ff. (BSG, Urteil v. 27.2.2019, B 8 SO 10/17 R, Rz. 17 ff.; dazu auch Schneider, NZS 2019 S. 872). Demnach folgt diese e...