0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist nach Art. 70 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) zum 1.1.2005 in Kraft getreten. Die Norm ersetzt inhaltsgleich § 111 BSHG. Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) wurde rückwirkend zum 1.1.2007 die Regelung zur Zusammenrechnung bei einer Einsatzgemeinschaft in Abs. 2 Satz 2 redaktionell angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
In § 110 wird der Umfang der Kostenerstattung zwischen den Sozialhilfeträgern, also hinsichtlich der §§ 106 bis 108 geregelt.
Abs. 1 bestimmt die Grundsätze: Nur die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten und auch nur dann, wenn die Leistung rechtmäßig gewährt wurde; dabei gelten die am Aufenthaltsort bestehenden Leistungsgrundsätze.
Abs. 2 enthält eine Bagatellgrenze von 2.560,00 EUR, unterhalb der grundsätzlich keine Kostenerstattung stattfindet, es sei denn, dass ein Fall vorläufiger Eintrittspflicht i. S. d. § 98 Abs. 2 Satz 3 vorliegt.
2 Rechtspraxis
2.1 Begrenzung (Abs. 1)
Rz. 3
Der Erstattungsumfang wird zunächst durch Abs. 1 begrenzt. Nach Abs. 1 Satz 1 sind nur die aufgewendeten Kosten zu erstatten. Die Kosten müssen also tatsächlich angefallen sein, wohingegen die Frage der rechtlichen Durchsetzbarkeit oder tatsächlichen Geltendmachung ohne Belang ist (BSG, Urteil v. 24.3.2009, B 8 SO 34/07 R). Hierzu zählen Verwaltungskosten wegen § 109 Satz 1 SGB X nicht. Ferner sind realisierte Ersatzforderungen in Abzug zu bringen.
Neben den aufgewendeten Kosten können grundsätzlich keine Zinsen geltend gemacht werden. Zur Geltendmachung von Zinsen bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, wobei hier weder § 44 SGB I (betrifft nur Ansprüche des Bürgers gegen Leistungsträger) noch § 108 Abs. 2 SGB X (betrifft nur Erstattungsansprüche verschiedener Leistungsträger) einschlägig sind.
Eine Ausnahme gilt aber für Prozesszinsen. Diese können analog § 291 BGB ab Rechtshängigkeit (§ 94 SGG) geltend gemacht werden. § 291 BGB erfasst auch öffentlich-rechtliche Geldforderungen (BVerwG, Urteil v. 18.5.2000, 5 C 27/99) und ist in sozialgerichtlichen Verfahren zumindest dann entsprechend anwendbar, wenn – wie hier – eine Kostenentscheidung nach § 197a SGG zu treffen ist. Denn dann gelten die bisher in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung gegen Prozesszinsen angeführten Gründe der einseitig zulasten der Leistungsträger getroffenen Regelungen hinsichtlich der Gerichtsgebühren und des Ausschlusses der Erstattung außergerichtlicher Kosten an den obsiegenden Leistungsträger nicht. Ferner streiten hierfür wirtschaftliche Erwägungen (BSG, Urteil v. 28.9.2005, B 6 KA 71/04 R; Urteil v. 23.6.2006, B 3 KR 6/05 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.3.2007, L 8 SO 38/06).
Rz. 4
Außerdem findet die Kostenerstattung nur statt, wenn "die Leistung diesem Buch entspricht": Die Leistung muss also rechtmäßig gewährt worden sein und nach Art, Form und Maß den Regelungen des SGB XII entsprechen (BSG, Urteil v. 24.3.2009, B 8 SO 34/07 R). Wurde die Leistung in objektiv rechtswidriger Weise gewährt, so scheidet eine Kostenerstattung aus. Ein Verschulden aufseiten des Sozialhilfeträgers wird hierbei nach dem eindeutigen Wortlaut ("die Leistung diesem Buch entspricht") nicht vorausgesetzt (so auch VG Dresden, Urteil v. 18.7.2006, 13 K 238/04; VG Göttingen, Urteil v. 24.3.2004, 2 A 200/03). Von der Kostenerstattung ausgeschlossen sind damit beispielsweise Fälle fehlender "Bedürftigkeit" wegen eines zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens, unberechtigter Nachzahlung oder ungesetzlicher Leistungsgewährung. Bei der Prüfung sind nach Abs. 1 Satz 2 die am Aufenthaltsort der Leistungsberechtigten zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Leistungsgrundsätze heranzuziehen. Hierzu zählen ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften und Dienstanweisungen, die materielle Entscheidungsspielräume ausfüllen, nicht aber die Verwaltungspraxis (VG Dresden, Urteil v. 18.7.2006, 13 K 238/04 m. w. N.).
Ferner liegt eine der Regelung in Abs. 1 Satz 1 entsprechende Leistungsgewährung nach der Rechtsprechung nicht vor, wenn der Sozialhilfeträger den Interessenwahrungsgrundsatz missachtet. Dieser verpflichtet den erstattungsberechtigten Sozialhilfeträger zur Kostenminimierung. Er muss alle nach Lage des Einzelfalles zumutbaren und möglichen Maßnahmen und Vorkehrungen treffen, die erforderlich sind, um die erstattungsfähigen Kosten möglichst niedrig zu halten (LSG Hessen, Urteil v. 26.8.2011, L 7 SO 14/10). Er muss sich so verhalten, als verbliebe die Kostenlast endgültig bei ihm (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 17.10.2003, 12 A 3945/01; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 16.1.2002, 4 L 4201/00). Beispielsweise muss er vorrangige Unterhaltsansprüche des Leistungsberechtigten, die gemäß § 94 auf ihn übergehen, gegenüber dem Unterhaltspflichtigen geltend machen. Zur gerichtlichen Geltendmachung ist der Erstattung begehrende Sozialhilfeträger aber nur gehalten, wenn hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Andernf...