Rz. 3
Diese Regelung hat in der Praxis große Bedeutung. Durch § 44 SGB X stehen Entscheidungen im Sozialrecht grundsätzlich für mindestens 4 Jahre einer erneuten Überprüfung offen. Dies hat in der Praxis – gerade im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II und XII – zu einem erheblichen Verfahrensaufkommen geführt. Die Regelung soll nach der Gesetzesbegründung die Anwendung des § 44 SGB X begrenzen, da die steuerfinanzierten Leistungen des SGB XII der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen und dabei im besonderen Maße die Deckung gegenwärtiger Bedarfe bewirken soll (BT-Drs. 17/3404 S. 129). Darüber hinaus sollen die Leistungsträger und die Sozialgerichte entlastet werden (BT-Drs., a. a. O.).
2.1 Zeitliche Anwendbarkeit der Regelung (§ 136 SGB XII a. F.)
Rz. 4
§ 136 SGB XII i. d. F. vom 24.3.2011 (gültig bis 31.12.2012) sieht einen Bestandsschutz für Anträge, die vor dem 1.4.2011 gestellt wurden, vor. Für diese Anträge findet § 116a keine Anwendung. Dies gilt auch für Fälle, die erst nach Außerkrafttreten des § 136 SGB XII einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt wurden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.6.2015, L 20 SO 103/13). An der Beurteilung des anwendbaren Rechts ändert sich nichts dadurch, dass die Regelung zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits außer Kraft getreten ist (BSG, Urteil v. 17.12.2015, B 8 SO 24/14 R).
2.2 Leistungen nach dem SGB XII
Rz. 5
§ 116a gilt für sämtliche Leistungsbereiche des SGB XII. Eine Begrenzung auf bestimmte Leistungsarten lässt sich dem Wortlaut des § 116a nicht entnehmen. Die Regelung gilt daher nicht nur für die Leistungsgewährung im engeren Sinne, sondern auch für andere Entscheidungen nach dem SGB XII wie z. B. die Festsetzung von Kostenersatz bei schuldhaftem Verhalten nach § 103.
2.3 Rechtsfolgen
Rz. 6
Nach Nr. 1 der Regelung sind rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach § 44 Abs. 1 und 2 SGB X nicht später als 4 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird. Hintergrund dieser neuen Regelung sind nach der Gesetzesbegründung die Entscheidungen des BSG v. 12.12.1996 (11 RAr 31/96) und v. 13.2.2014 (B 4 AS 19/13 R), nach denen die auf 4 Jahre verkürzte Frist nach § 44 Abs. 2 SGB X auf nicht begünstigende Verwaltungsakte, die insbesondere die Aufhebung, Erstattung und den Ersatz von bereits erbrachten Leistungen verfügen, keine Anwendung findet (BT-Drs. 17/8909 S. 37). Dies hat zur Folge, dass solche Verwaltungsakte 30 Jahre lang verpflichtend zu prüfen und ggf. zurückzunehmen und bereits beglichene Forderungen zurückzuzahlen sind. Dieses Ergebnis sei, so die Gesetzesbegründung, für den Bereich der Fürsorgeleistungen unbefriedigend (BT-Drs. 17/8909 S. 37).
Nach Nr. 2 der Vorschrift tritt an die Stelle des in § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X festgelegten Zeitraums von 4 Jahren ein solcher von einem Jahr.
Die Einschränkung des § 44 SGB X durch § 116a SGB XII muss auch für § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. Satz 3 SGB X (Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zugunsten des Betroffenen mit Wirkung für die Vergangenheit) gelten, denn diese Regelung verweist auf § 44 Abs. 4 SGB X, der jedoch wiederum durch § 116a begrenzt wird.