Rz. 6
Ausgehend von der Notwendigkeit, den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft so zu beschreiben, dass eine hinreichend klare Unterscheidung zu anderen gesellschaftlichen Erscheinungsformen des Zusammenlebens von Menschen möglich ist, definiert das BVerfG (a. a. O.) die eheähnliche Gemeinschaft als "eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen".
Rz. 7
Dieser zu § 137 Abs. 2a AFG entwickelte Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft gilt auch für § 20 (BVerwG, Beschluss v. 14.8.1995, 5 B 94/95; OVG Brandenburg, Beschluss v. 5.9.2002, 4 B 115/02; OVG Lüneburg, Beschluss v. 26.1.1998, 12 M 345/98; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 14.4.1997, 7 S 1816/95; krit. dazu Kalkbrenner, FoR 2003, 29; vgl. außerdem BayVGH, Beschluss v. 10.9.1993, 12 CE 93.1874). Es erscheint nicht vertretbar, in steuerfinanzierten Systemen von unterschiedlichen Begriffen ein und derselben gesellschaftlichen Erscheinungsform auszugehen. Im Übrigen hängt die Notwendigkeit, den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft von solchen anderen Gemeinschaften abzugrenzen, nicht von seiner Verwendung im Rahmen eines Sozialleistungssystems ab, vielmehr ist die vom BVerfG entwickelte Definition einheitlich im gesamten deutschen Rechtssystem anzuwenden.
Rz. 8
Im Hinblick darauf ist die frühere Annahme des BVerwG, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht Ehegatten seien, reiche für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft aus (Urteil v. 20.11.1984, 5 C 17/84), nicht mehr aufrechtzuerhalten (wie das BVerfG daher BVerwG, Urteil v. 17.5.1995, 5 C 16/93).
Rz. 9
Mit der Gesetzesänderung zum 1.8.2006 wurde die vorher umstrittene Frage, ob die Regelung auch auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften anwendbar ist, obsolet.
Rz. 10
Ob eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft in dem dargestellten Sinne vorliegt, lässt sich nur anhand einer Gesamtschau von Indizien feststellen (vgl. zur Feststellung ausführlich Tegethoff, ZfSH/SGB 2001, 643; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 2.12.2005, L 23 B 1071/05 SO ER; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.9.2006, L 7 SO 5441/05).
Rz. 11
Als Hinweistatsachen für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft i. S. v. § 20 sind beispielhaft anzusehen:
- die lange Dauer des Zusammenlebens der Partner als gewichtigstes Indiz, bei Zusammenfall des Beginns des Zusammenlebens mit dem Beginn des streitgegenständlichen Leistungszeitraums auch Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der Wohngemeinschaft (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 2.4.2009, L 23 SO 37/09 B ER; Beschluss v. 2.2.2006, L 14 B 1047/05 AS PKH);
- die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt;
- die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des Partners zu verfügen;
- der Anlass für das Zusammenziehen;
- die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit;
- die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft.
Rz. 11a
Beispielhaft deuten folgende Umstände auf das Bestehen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft hin:
Rz. 12
Maßgebend sind in erster Linie die äußeren, objektiv erkennbaren Umstände. Entgegenstehenden Erklärungen der Partner kommt demgegenüber in der Regel keine durchgreifende Bedeutung zu (OVG Hamburg, Beschluss v. 22.3.1990, Bs IV 92/90). Das gilt vor allem dann, wenn die Partner wissen, auf welche Kriterien es für die Anwendung von § 20 ankommt. Im Gegenteil kann die Unglaubhaftigkeit der Erklärungen der Partner auch zu Zweifeln führen, ob die von ihnen geschaffenen objektiven Umstände geeignet sind, das Nichtvorliegen einer Lebensgemeinschaft zu belegen (so zu Recht HessVGH, Beschluss v. 27.3.1992, 9 TG 1112/89; OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.1.1993, 5 L 361/91). Das LSG Niedersachsen hat den Abschluss eines Partnerschaftsvertrages des Inhalts, dass jeder die Kosten für den Lebensunterhalt für sich selbst trage, nicht für geeignet gehalten, das Bestehen einer Verantwortungs- und Wirtschaftsgemeinschaft zu widerlegen (LSG Niedersachsen, Beschluss v. 5.3.2014, L 13 AS 206/13 WA).
Rz. 13
Zu den objektiven Umständen, die der Dauer der Lebensgemeinschaft bzw. dem Anlass des ...