Rz. 2
Die Vorschrift existierte in dieser Form im BSHG noch nicht, sie entspricht jedoch im Wesentlichen dem bereits früher geltenden Recht. Abs. 1 regelt den Umfang des Lebensunterhaltes in Einrichtungen. Abs. 2 konkretisiert nähere Einzelheiten entsprechend § 21 Abs. 3 BSHG. Hintergrund und Sinn der Regelung ist gegenüber dem alten Recht die Umsetzung der Intention des Gesetzgebers, Hilfen in Einrichtungen möglichst nicht zu privilegieren und damit den Grundsatz "ambulant vor stationär" zu unterstützen (vgl. Niemann, NDV 2006 S. 35; Rz. 4 m. w. N.).
Da der Lebensunterhalt auch bei Betreuung in einer Einrichtung nicht mehr (wie noch nach § 27 Abs. 3 BSHG) in die Leistungen nach Kapitel 5 bis 9 einbezogen ist, hat die Vorschrift besondere Bedeutung. Die ursprünglich beschlossene Regelung i. d. F. des Gesetzes v. 27.12.2003 (vgl. Rz. 1) war bereits vor dem Inkrafttreten zum 1.1.2005 nicht unerheblicher Kritik ausgesetzt (vgl. dazu BT-Drs. 15/3977 S. 7 sowie Schellhorn, NDV 2004 S. 167, 171). Nach erneuter Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung wurden daraufhin, der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgend, Abs. 1 um Satz 2 ergänzt und der Vorschrift insgesamt Abs. 3 bis 5 angefügt, die inzwischen als Abs. 2 bis 4 in § 37 übernommen wurden (s. dazu die dortige Komm.). Schließlich wurde mit § 133a zusätzlich eine neue Übergangsregelung betreffend die Weitergewährung des sog. Zusatzbarbetrages nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG geschaffen (vgl. dazu Rz. 23 sowie die Komm. zu § 133a).
Mit der zum 7.12.2006 wirksam gewordenen Änderung wurde in Abs. 1 Satz 2 zur Klarstellung das Wort "stationären" eingefügt. Außerdem wurde durch eine Änderung des Abs. 2 Satz 2 ein in der Vergangenheit heftig geführter Streit um das Fortbestehen eines Anspruchs auf Weihnachtsbeihilfe in Einrichtungen beigelegt (vgl. Rz. 17 ff.).
Zum 1.1.2020 ist es zu einer umfangreicheren Neufassung der Norm gekommen (vgl. im Einzelnen Rz. 29 ff.). Hintergrund ist die Neuausrichtung der Eingliederungshilfe von einer überwiegend einrichtungszentrierten zu einer personenzentrierten Leistung, durch die der Bedarf erwachsener Menschen mit Behinderung an existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt und der Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe aufgrund des Vorliegens einer Teilhabeeinschränkung voneinander getrennt worden sind (vgl. hierzu BT-Drs. 18/9522 S. 332 f.). Zugleich erfolgte die Ersetzung des Sondersystems Lebensunterhalt in Einrichtungen bei der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch die Trennung von Fachleistung und Lebensunterhalt durch das BTHG. Da der weit überwiegende Teil der Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Vierten Kapitel SGB XII erhält, werden die im Zusammenhang mit der Trennung von Fachleistung und Lebensunterhalt notwendigen Änderungen zukünftig dort verortet.
Ziel der personenzentrierten Neuausrichtung der Eingliederungshilfe ist es, die Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, zu verbessern (vgl. BT-Drs. 18/9522 S. 332 f.). Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung. Diese ist bei Kindern und Jugendlichen unabhängig von dem Vorliegen einer Behinderung stark eingeschränkt: Einerseits steht den Eltern die elterliche Sorge zu, die sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge umfasst. Im Rahmen der Personensorge haben die Eltern die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Andererseits ist Lebensmittelpunkt im Regelfall die elterliche Wohnung. Aus diesen Gründen lässt sich das mit dem BTHG umzusetzende Ziel einer Verbesserung der Möglichkeiten für eine selbstbestimmte Lebensführung insbesondere in heutigen stationären Einrichtungen für Kinder und Jugendliche nicht erreichen. Für die Deckung der Bedarfe für den Lebensunterhalt und der Bedarfe der Eingliederungshilfe ergeben sich nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch keine Einschränkungen gegenüber Erwachsenen. Die Diskussion zur Reform des SGB VIII bleibt davon unberührt (vgl. z. B. Gerlach/Hinrichs, ZKJ 2016 S. 284).