Rz. 11
Im Wesentlichen enthält Abs. 2 Regelungen über den zusätzlichen Barbetrag (früher: Taschengeld) in stationären Einrichtungen. Mit diesem Betrag soll dem Berechtigten die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens ermöglicht werden, die bei einer Hilfe außerhalb von stationären Einrichtungen mit dem Regelsatz abgegolten sind. Derartige Bedürfnisse sind z. B. die Aufrechterhaltung sozialer, insbesondere familiärer Kontakte, die allgemeine und politische Information sowie die Teilnahme am kulturellen Leben.
Rz. 12
Auf die Gewährung des Betrages besteht ein Rechtsanspruch. Sie steht nicht im Ermessen des Sozialhilfeträgers und ist insbesondere auch unabhängig von der Dauer des Aufenthaltes in der Einrichtung. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit des Barbetrages (vgl. Rz. 16 ff.) unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung.
2.1.2.2.1 Zur persönlichen Verfügung
Rz. 13
Der Betrag steht den Berechtigten zur persönlichen Verfügung zu. Daraus folgt zunächst, dass der Betrag grundsätzlich in einer Weise zur Verfügung zu stellen ist, die auch eine persönliche Verfügung ermöglicht. Dementsprechend ist der Betrag in aller Regel als Geldleistung zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich nicht nur schon aus dem Wort "Barbetrag" in Abs. 2 Satz 1, sondern auch aus dem Grundsatz des § 10 Abs. 3. Sachleistungen sind nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen, z. B. wenn dieses aus medizinischen Gründen geboten ist.
Rz. 14
Für Berechtigte, die noch über ein gewisses Einkommen verfügen, sah § 21 Abs. 3 Satz 5 BSHG früher vor, dass statt der Zahlung des Barbetrages auch ein bestimmter Teil des Einkommens (z. B. ein Teil der auszuzahlenden Rente) bei der Anrechnung freigestellt werden konnte. Diese Regelung war nicht zuletzt wegen der Regelungen zum gesetzlichen Forderungsübergang im Rahmen von §§ 102 ff. SGB X problematisch. Der Gesetzgeber hat die Regelung nicht mit in das neue Recht übernommen. Die Option für den Träger der Sozialhilfe, Einkommen frei zu lassen, ist damit entfallen. Der als Geldleistung zu zahlende "weitere notwendige Lebensunterhalt" ist systematisch tatsächlich und rechtlich ausschließlich Hilfe zum Lebensunterhalt und unterliegt damit den hierfür geltenden Einkommensberücksichtigungsvorschriften (BSG, Urteil v. 20.04.2016, B 8 SO 25/14 R, Rz. 15).
Rz. 15
Kann aus bestimmten Gründen (z. B. schwere geistige Verwirrtheit o. Ä.) der Barbetrag nicht zur unmittelbaren persönlichen Verfügung des Berechtigten gestellt werden, ist er von Dritten für den Berechtigten zu verwenden, im Ergebnis also an diese auszuzahlen. Dies ergibt sich aus Abs. 2 Satz 4. Aus dem Heimvertrag kann sich die Verpflichtung des Heimträgers ergeben, die seinem geistig behinderten Bewohner bewilligten Barbeträge zur persönlichen Verfügung zu verwalten, wenn dieser neben dem Lebensunterhalt in Einrichtungen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft oder Hilfe zur Pflege erhält (BGH, Urteil v. 2.12.2010, III ZR 19/10, Rz. 10 ff.). Der Anspruch auf den Barbetrag selbst entfällt also nicht deswegen, weil der Berechtigte an der bestimmungsgemäßen Verwendung gehindert ist.
Rz. 16
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Auszahlung an Dritte nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommt. Auch ist im Hinblick auf die Zielrichtung der Vorschrift stets sicherzustellen, dass Dritte nicht nur aus Vereinfachungsgründen mit der Verwendung des Betrages betraut werden. Zudem muss der Dritte die Gewähr dafür bieten, dass er den Betrag in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Bedürfnissen und Interessen des Berechtigten verwendet. Deswegen kommen als Dritte i. d. R. zunächst Familienangehörige, Betreuer o. Ä. in Betracht. Die verbreitete Praxis der Auszahlung des Betrages an die Einrichtung selbst schließt das Gesetz zwar nicht aus, der Träger der Sozialhilfe wird dadurch aber nicht von der Verpflichtung entbunden, den Barbetrag grundsätzlich dem Berechtigten so weit und so lange wie möglich persönlich zur Verfügung zu stellen.
2.1.2.2.2 Höhe des Barbetrages (Abs. 2 Satz 2 und 3)
Rz. 17
Nach dem Gesetzeswortlaut steht den Berechtigten ein angemessener Barbetrag zu. Die generelle (zu Ausnahmen vgl. Rz. 21 ff.) Untergrenze der Angemessenheit hat der Gesetzgeber für Volljährige in Abs. 2 Satz 2 konkret festgelegt. Danach belief sich der Barbetrag auf mindestens 26 % des Eckregelsatzes (§ 35 Abs. 2 Satz 2 in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung). Mit Wirkung zum 1.1.2007 wurde der Betrag um einen Prozentpunkt auf 27 % des Eckregelsatzes bzw. ab dem 1.1.2011 der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 (§ 27b Abs. 2 Satz 2) angehoben und ist seitdem unverändert geblieben (vgl. Rz. 1 f. und Rz. 19).
Rz. 18
Im Vergleich zu der Vorgängerregelung (§ 21 Abs. 3 Satz 2 BSHG) ist der Prozentsatz niedriger. Dies hängt ebenso wie bei § 30 mit der Neukonzeption der Regelsätze zusammen, aus der sich höhere Bezugsbeträge für den Prozentsatz ergeben. Eine Minderung des konkreten Barbetrages für den einzelnen Berechtigten ...