Rz. 12
Abs. 3 enthält Regelungen zur Möglichkeit der Festsetzung regionaler Regelsätze, d. h. solcher die nur für den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines einzelnen Sozialhilfeträgers gelten. Diese Möglichkeit bestand gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 (a. F.) auch schon in der Zeit vor dem 1.1.2011. Sinn der Vorschrift ist es, in noch differenzierterer Weise, als dies durch länderspezifische Regelsätze möglich ist, regionalen Besonderheiten Rechnung tragen zu können.
Rz. 13
Ausgangspunkt sind dabei die sog. Mindestregelsätze, die die Länder nach Abs. 2 Satz 5 durch Rechtsverordnung festsetzen können. Unter die danach vorgegebenen Werte darf der örtliche Träger bei der Festsetzung seiner regionalen Regelsätze nicht zurückfallen. Die Sozialhilfeträger sind bei der Neufestsetzung an die Vorgaben gebunden, die auch für die Länder bei der Neufestsetzung gelten (BT-Drs. 17/3404 S. 123). Die örtlichen Träger dürfen regionale Besonderheiten sowie statistisch nachweisbare Abweichungen in den Verbrauchsausgaben berücksichtigen. Regionale Besonderheiten sind etwa deutlich höhere Lebenshaltungskosten in bestimmten größeren Städten.
Rz. 14
Die praktische Bedeutung (auch dieser Bestimmung) ist bislang eher gering geblieben. In der Vergangenheit haben nur einige Städte und Landkreise in Bayern regionale Regelsätze festgesetzt (vgl. Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 29 Rz. 21). So erlässt z. B. die Landeshauptstadt München jährlich Regelsatzfestsetzungsverordnungen, die gegenüber den von der Bundesregierung bundeseinheitlich festgesetzten Regelsätzen um etwa 5 % nach oben abweichende Regelsätze festlegen (Stand: 1.1.2020). Als Grundlage hierfür dient ein wissenschaftliches Gutachten aus dem Jahr 2012 über den Kaufkraftindex, der in München oberhalb des Bundesdurchschnitts liegt. Die Kommune hat sich dabei auf § 3 Abs. 2, § 29 Abs. 3 SGB XII i. V. m. § 98 Abs. 2 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) gestützt. Nach dieser landesrechtlichen Norm gelten die in § 28 ermittelten und nach § 28a fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen in Bayern als Mindestregelsätze (Abs. 1). § 98 Abs. 2 Satz 1 AVSG ermächtigt die Träger der Sozialhilfe über diesen liegende regionale Regelsätze festzusetzen. Wird von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, sind den Leistungsempfängern nach dem Vierten Kapitel aufstockende Leistungen i. S. v. § 43 Abs. 4 SGB XII in Höhe der Differenz zwischen den bundeseinheitlichen Regelsätzen und den regionalen Regelsätzen zu gewähren (§ 98 Abs. 2 Satz 2 AVSG).