Rz. 18
Abs. 2 regelt in den Sätzen 2 bis 4 Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die neue Wohnung nur in Höhe angemessener Aufwendungen als Bedarf anzuerkennen sind. Eine solche Ausnahme besteht, wenn der Sozialhilfeträger dem Umzug zuvor zugestimmt hat (Sätze 2 und 3). Zudem werden nach einem Umzug innerhalb der Karenzzeit nach § 35 Abs. 1 Satz 2 höhere als angemessene Aufwendungen als Bedarf anerkannt, wenn der Träger der Sozialhilfe die Anerkennung vorab zugesichert hat (Satz 4).
2.2.2.1. Zustimmung zum Wohnungswechsel (Abs. 2 Satz 2)
Rz. 19
Nach Satz 2 sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die neue Unterkunft nur in Höhe angemessener Aufwendungen als Bedarf anzuerkennen, es sei denn, der zuständige Sozialhilfeträger am Ort der neuen Unterkunft hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt.
Rz. 20
Bezüglich der Angemessenheit der Aufwendungen wird auf die Kommentierung zu § 35 verwiesen.
Rz. 21
Die Anerkennung unangemessener Bedarfe setzt nach Satz 2 die vorherige Zustimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers voraus. Ohne eine solche Zustimmung werden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung also nur in Höhe angemessener Aufwendungen als Bedarf anerkannt.
Rz. 22
Der in Abs. 2 Satz 2 verwendete Begriff der "Zustimmung" hat keine andere rechtliche Bedeutung als eine Zusicherung i. S. v. § 34 Abs. 1 SGB X, wie sie der Gesetzgeber in der Parallelvorschrift des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II rechtstechnisch zutreffend formuliert hat. Abs. 2 Satz 2 konkretisiert den Inhalt einer möglichen Zusicherung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X (BSG, Urteil v. 17.12.2014, B 8 SO 15/13 Rz. 10 zu § 35 Abs. 2 Satz 5 und 6 a. F.). Gemeint ist mit der Zustimmung die rechtlich verbindliche Verpflichtung zur Übernahme bestimmter Unterkunfts- und Heizkosten (so schon BSG, a. a. O., Rz. 12 zu § 35 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB XII a. F.).
Dass der Gesetzgeber in dem zum 1.1.2023 neu eingefügten Abs. 2 Satz 4, der die Anerkennung unangemessener Aufwendungen innerhalb der Karenzzeit nach § 35 Abs. 1 Satz 2 regelt, den rechtstechnisch zutreffenden Begriff der Zusicherung verwendet hat ("zugesichert hat"), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Für eine unterschiedliche Auslegung der Begriffe "Zustimmung" in Abs. 2 Satz 2 und "Zusicherung" in Abs. 2 Satz 4 gibt die Gesetzesbegründung nichts her. Eine solche Differenzierung widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Regelung, der leistungsberechtigten Person Klarheit und Sicherheit darüber zu verschaffen, ob die Unterkunfts- und Heizkosten für die neue Unterkunft im Falle eines Umzugs vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Denn nur mit einer (rechtswirksam erlassenen) Zusicherung i. S. v. § 34 Abs. 1 SGB X verpflichtet sich der Träger der Sozialhilfe, die für die neue Unterkunft anfallenden Kosten zu übernehmen, also einen entsprechenden Bescheid zu erlassen.
Rz. 23
Die Zustimmung zu einem Umzug kann nur bezogen auf eine konkret anzumietende Wohnung beantragt und erteilt werden. Die Erteilung einer "abstrakten" Zustimmung auf (höhere) Unterkunftskosten ist prozessual nicht erstreitbar. Denn ein Anspruch auf eine Zusicherung besteht wegen des Bestimmtheitsgebots in § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur, wenn der Gegenstand des zuzusichernden Verwaltungsakts und der zugrunde liegende Sachverhalt bereits im Zeitpunkt der behördlichen Erklärung hinreichend konkretisiert sind. Daran fehlt es, wenn nicht feststeht, in welche Wohnung die leistungsberechtigte Person ziehen will und welche Kosten hierfür voraussichtlich anfallen (vgl. zu alledem BSG, Urteil v. 17.12.2014, B 8 SO 15/13 R Rz. 10).
Rz. 24
Die Entscheidung über die Zusicherung stellt eine eigenständige Regelung i. S. v. § 31 SGB X dar und ist isoliert anfechtbar (BSG, Urteil v. 6.4.2011, B 4 AS 5/10 Rz. 13 zu § 22 SGB II a. F.). Allerdings entfällt mit vollzogenem Umzug das Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung einer Zusicherung, sofern bereits ein Streitverfahren wegen der Höhe der vom Sozialhilfeträger für die neue Unterkunft bewilligten Leistungen anhängig ist (vgl. BSG, Urteil v. 6.4.2011, B 4 AS 5/10 R Rz. 15 f.) Denn dann kann der leistungsberechtigten Person die weitere Rechtsverfolgung keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile mehr bringen, das Rechtsschutzziel also nicht mehr erreicht werden. Sie muss dann vielmehr im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die neue Unterkunft erstreiten (BSG, Urteil v. 6.4.2011, B 4 AS 5/10 R Rz. 15).
Rz. 25
Hat die leistungsberechtigte Person die Zustimmung vor Abschluss eines Mietvertrags über die neue Unterkunft beantragt, wurde die Erteilung jedoch vom Sozialhilfeträger treuwidrig verzögert, sind höhere als angemessene Bedarfe auch dann anzuerkennen, wenn die Zustimmung hätte erteilt werden müssen (vgl. BSG, Urteil v. 6.5.2010, B 14 AS 7/09 R Rz. 13).
Rz. 26
Hat der Sozialhilfeträger die Zusicherung irrtümlich erteilt, etwa weil die leistungsberechtigte Person ein inhaltlich unzutreffendes Mietangebot vorgelegt hat, in dem ve...