Rz. 35

Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen (Zweckbindung), kann der zuständige Sozialhilfeträger vom Leistungsberechtigten jederzeit Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zulassen. Die Behörde ist in diesem Verfahrensstadium nicht befugt, die Kinder und Eltern des Leistungsberechtigten direkt nach ihren Einkommensverhältnissen zu befragen (Brühl/Schoch, LPK-SGB XII, § 43 Rz. 11; Günther, FF 2003 S. 10, 12).

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I muss der Leistungsberechtigte alle rechtserheblichen Tatsachen angeben, die ihm bekannt sind. Verletzt er diese Pflicht und wird dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Sozialhilfeträger die Grundsicherungsleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I).

 

Rz. 36

Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, darf der Sozialhilfeträger den Antragsteller beispielsweise danach fragen, ob Kinder bzw. Eltern vorhanden sind, wie alt sie sind, welchen Beruf sie ausüben und ob neben dem Arbeitseinkommen noch weitere Einkommensquellen existieren. Die eindeutige Frage, ob mutmaßlich Einkommen über 100.000,00 EUR erzielt wird, ist zulässig und verstößt nicht gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Unterhaltsverpflichteten (a. A.: Brühl/Schoch, LPK-SGB XII, § 43 Rz. 12; Schoch, ZFSH/SGB 2005 S. 67; ders., ZFSH/SGB 2006 S. 206, 210).

Bei den Ermittlungen ist Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl gefordert, weil die Ermittlungspraxis die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen gefährden und verschämte Armut fördern kann (so zutreffend Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, K § 43 Rz. 14).

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