0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde mit Art. 3a des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2016 (BGBl. I S. 3159) neu in das SGB XII aufgenommen und trat mit Wirkung zum 1.7.2017 in Kraft.
1 Allgemeines
Rz. 2
Durch die Neufassung des § 44a soll es, so die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9984), den Trägern ermöglicht werden, Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vorläufig zu bewilligen, um einem entsprechenden Bedürfnis in der Praxis Rechnung zu tragen. Eine endgültige Bewilligung von Geldleistungen setzt voraus, dass die Sach- und Rechtslage für den gesamten Bewilligungszeitraum vollständig und nicht nur teilweise geklärt ist. Ist eine abschließende Klärung nicht möglich, kommt eine vorläufige Bewilligung in Betracht. Eine abschließende Prüfung des Leistungsanspruchs bzw. die endgültige Festlegung der Leistungshöhe für den gesamten Bewilligungszeitraum ist nicht möglich, wenn bereits bei Erlass der Entscheidungen Veränderungen in den Einkommensverhältnissen oder bei den anzuerkennenden Bedarfen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (BT-Drs. a. a. O.). Kann zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung das Bestehen eines Leistungsanspruchs nur aufgrund einer mit Unsicherheiten behafteten Prognose entschieden werden, ist eine abschließende Bewilligungsentscheidung untauglich. Eine solche Situation tritt z. B. bei Personen auf, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten und bei denen die jeweilige Höhe des monatlich schwankenden Arbeitseinkommens im Entscheidungsmonat noch nicht absehbar ist (BT-Drs. a. a. O.).
2 Rechtspraxis
2.1 Vorläufige Entscheidung (Abs. 1)
Rz. 3
Nach Abs. 1 hat der Träger über Geldleistungen vorläufig zu entscheiden, wenn im Entscheidungszeitpunkt zwar die Leistungsberechtigung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII dem Grunde nach feststeht, die weiteren leistungserheblichen Umstände jedoch noch nicht abschließend geklärt werden konnten. Der Träger hat nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessen, ob er bei Vorliegen der Voraussetzungen anstelle der gebotenen vorläufigen Bewilligung eine endgültige Entscheidung erlässt.
Im Unterschied zu den in den Nr. 1 und 2 formulierten unsicheren Leistungsvoraussetzungen, ist weiterhin zwingende Voraussetzung für die vorläufige Bewilligung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung das Erreichen der Altersgrenze oder die dauerhafte volle Erwerbsminderung sicher festgestellt sind. Eine vorläufige Bewilligung der Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII scheidet daher aus, wenn die Entscheidung über die Feststellung der dauerhaft vollen Erwerbsminderung noch aussteht. Vielmehr kommen in diesen Fällen Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht, soweit nicht ohnehin bereits Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gewährt wird.
Nach Abs. 1 Nr. 1 sind die Geldleistungen vorläufig zu bewilligen, wenn zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen längere Zeit erforderlich, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aber hinreichend wahrscheinlich ist. Dies entspricht inhaltlich der vorläufigen Bewilligung im Arbeitsförderungsrecht (BT-Drs. a. a. O.).
Aus Abs. 1 Nr. 2 folgt, dass auch in den Fällen vorläufig zu entscheiden ist, in denen der Anspruch dem Grunde nach zwar besteht, gleichwohl zur Feststellung der konkreten Leistungshöhe längere Zeit erforderlich ist. Dies entspricht dem Grundgedanken in § 42 SGB I, in diesen Fallkonstellationen Vorschüsse auf Geldleistungen zu gewähren.
Sofern die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Erbringung von Geldleistungen nicht hinreichend wahrscheinlich ist oder die Leistungsberechtigung dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht sicher festgestellt ist, sind die beantragten Geldleistungen (endgültig) abzulehnen.
2.2 Begründung der Entscheidung (Abs. 2)
Rz. 4
Die Pflicht, eine vorläufige Entscheidung zu begründen, wird in Abs. 2 Satz 1 konkretisiert. Danach ist nicht nur die Berechnung der Leistungshöhe darzulegen, sondern auch der konkrete Anlass für die vorläufige Entscheidung anzugeben. Anderenfalls ist für die leistungsberechtigte Person nicht erkennbar, aus welchem Grund lediglich eine vorläufige Entscheidung ergeht, die keinerlei Vertrauensschutz aufbaut und die mit dem Risiko einer weitgehenden Erstattungspflicht verbunden ist (so BT-Drs. a. a. O.). Dem entsprechend muss der leistungsberechtigen Person bereits bei Erlass der vorläufigen Entscheidung bewusst sein, dass sie noch nach Abschluss des Bewilligungszeitraums zur Mitwirkung an der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs verpflichtet ist.
Nach Abs. 2 S. 2 ergeht eine vorläufige Entscheidung nicht, wenn die leistungsberechtigte Person die Umstände zu vertreten hat, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen. Mit der Regelung soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. a. a. O.) verhindert werden, dass eine vorläufige Leistungsbewilligung durch Verschleierung leistungserheblicher Tatsachen missbräuchlich hergeführt werden kann.
2.3 Rücknahme von Verwaltungsakten (Abs. 3)
Rz. 5
Mit Abs. 3wird § 45 SGB X modifiziert. Maßgeblich für...