Rz. 6
In Abs. 2 werden die für die Beurteilung der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten einer hilfesuchenden Person maßgeblichen 6 Bereiche abschließend genannt. Jeder Bereich erfasst wiederum mehrere, ebenfalls in Abs. 2 abschließend aufgeführte Kriterien. Durch eine Erweiterung um nicht im Gesetz aufgeführte Kriterien würde das vom Gesetzgeber zur Ermittlung der Pflegegrade entwickelte Punktesystem aus den Fugen geraten (vgl. auch Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 14 Rz. 109). Eine pflegefachliche Konkretisierung und Erläuterung der 6 Pflegebereiche und der ihnen zugehörigen Pflegekriterien findet sich unter Ziff. 4.9 der "Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches" (Begutachtungs-Richtlinien – BRi, Stand: Juli 2017), die der GKV-Spitzenverband mithilfe des MDS erstellt hat. Die Richtlinien sind gemäß § 62 Satz 2 in der Hilfe zur Pflege entsprechend anwendbar. Unter Ziff. 4.9 dieser Richtlinien heißt es, dass die einzelnen Kriterien der Bereiche 1, 2 und 4 bis 6 in den Richtlinien abschließend definiert sind, nicht hingegen die Kriterien zum Bereich "Verhaltensweisen und psychische Problemlagen". Diese werden nur beispielhaft erläutert. Manche Verhaltensweise lassen sich nicht eindeutig nur einem Kriterium des Bereichs Nr. 3 zuordnen.
Rz. 7
Allein anhand der Feststellungen der Beeinträchtigungen lässt sich noch keine Zuordnung zu einem der Pflegegrade treffen. Hierbei sind zusätzlich die §§ 61b (bzw. im Falle pflegebedürftiger Kinder § 61c) und 62 zu beachten, wonach die Feststellungen in ein Punktesystem je nach Schwere der Beeinträchtigungen umzurechnen sind und das Begutachtungsinstrument nach § 15 SGB XI maßgeblich ist. Aus Anlage 1 zu § 15 SGB XI ergeben sich die Einzelpunkte der Module 1 bis 6 und die Bildung der Summe der Einzelpunkte im jeweiligen Modul. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Pflegebereiche 1, 2 und 6 ist nach § 15 Abs. 2 i. V. m. Anlage 1 die Selbstständigkeit der betreffenden Person. Darauf, ob die jeweilige Fähigkeit vorhanden oder nicht vorhanden ist, kommt es hingegen im Pflegebereich 2 an. Im Rahmen der Beurteilung des Pflegebereichs 3 ist die Häufigkeit von Ereignissen mit personellem Unterstützungsbedarf relevant, bei Pflegebereich 5 schließlich die Häufigkeit des personellen Unterstützungsbedarfs.
2.2.1 Mobilität
Rz. 8
Nach der Gesetzesbegründung umfasst der in Abs. 2 Nr. 1 genannte Bereich Mobilität die Fähigkeit zur Fortbewegung sowie zur Lageveränderung des Körpers. Im Hinblick darauf, dass die Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Fortbewegung sich in fast allen Lebensbereichen auswirkt und häufig maßgeblich für den Verlust von Selbstständigkeit bei der Durchführung von anderen Aktivitäten ist, wird der Bereich daher eigenständig bewertet. Diesem Bereich werden die in Buchstaben a bis e aufgeführten Kriterien zugeordnet, die die für die Beurteilung der Selbstständigkeit zentralen Aspekte der Mobilität im innerhäuslichen Bereich umfassen. Inhaltlich ist der Bereich Mobilität mit Teilen der in § 14 Abs. 4 SGB XI a. F. bzw. § 61 Abs. 5 Nr. 3 SGB XII a. F. geregelten Verrichtungen vergleichbar. Eine Konkretisierung der einzelnen diesem Bereich zugehörigen Kriterien findet sich in den BRi unter Ziff. 4.9.1.
2.2.2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Rz. 9
Sind die in Abs. 2 Nr. 2 genannten kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten einer Person beeinträchtigt, führt dies regelmäßig – da es sich um ganz grundlegende Funktionen handelt – zu weitreichenden Einschränkungen der Selbstständigkeit. Nach der Gesetzesbegründung können Einbußen im Bereich der kognitiven Fähigkeiten umfangreichen Unterstützungsbedarf nach sich ziehen, der die Begleitung in der gesamten Lebensführung umfasst. Der Bereich beinhaltet auch solche Kriterien, die nach § 45a SGB XI a. F. bei der Bewertung, ob eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz vorlag, eine Rolle spielten. Eine Konkretisierung der einzelnen diesem Bereich zugehörigen Kriterien findet sich in den BRi unter Ziff. 4.9.2.
2.2.3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Rz. 10
Mittels der im Bereich Verhaltensweisen und psychische Problemlagen in Abs. 2 Nr. 3 aufgeführten Kriterien soll die Beurteilung von Pflegebedürftigkeit vor allem für Menschen mit Demenz verbessert werden. Die Kriterien werden nur beispielhaft erläutert. Schwierigkeiten können dadurch entstehen, dass sich manche Verhaltensweisen nicht eindeutig nur einem Kriterium des Bereichs Nr. 3 zuordnen lassen. Zudem handelt es sich bei den einzelnen Kriterien zum Teil um unbestimmte Rechtsbegriffe, die sich nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen (vgl. Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII,§ 61a Rz. 55). Eine Konkretisierung der einzelnen diesem Bereich zugehörigen Kriterien findet sich in den BRi unter Ziff. 4.9.3.
2.2.4 Selbstversorgung
Rz. 11
Der in Abs. 2 Nr. 4 geregelte Bereich der Selbstversorgung ist inhaltlich mit Teilen der in § 14 Abs. 4 SGB XI a. F. bzw. § 61 Abs. 5 Nr. 1 und SGB XII a. F. geregel...