0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 5 des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) mit Wirkung zum 1.1.2017 neu eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Auch vor Inkrafttreten der Änderungen des 7. Kapitels durch das PSG III konnte ein Anspruch auf teilstationäre Leistungen bestehen, allerdings existierte im SGB XII keine diesbezügliche eigene Vorschrift, sondern der Anspruch folgte aus einem Verweis in § 61 Abs. 2 Satz 2 a. F. (unter anderem) auf § 28 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI und von dort auf § 41 SGB XI. Inhaltlich entspricht der Anspruch auf teilstationäre Pflege in § 64g den Regelungen in § 41 Abs. 1 SGB XI. Anders als nach bis zum 31.12.2016 geltender Rechtslage können teilstationäre Leistungen nunmehr nur noch an Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 erbracht werden. Inwieweit der Ausschluss von Pflegebedürftigen ohne Pflegegrad oder "lediglich" mit Pflegegrad 1 nach Wegfall der in § 61 a. F. enthaltenen Öffnungsklausel dazu führt, dass die pflegerische Versorgung dieser Personen nicht mehr gedeckt ist, wird die Zukunft zeigen.
Rz. 3
Die Vorschrift dient der Stärkung bzw. der Sicherstellung des Vorrangs der häuslichen Pflege. Durch sie soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9518 S. 97) ein dauerhafter Wechsel von der häuslichen zur stationären Pflege verhindert werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Pflege in Einrichtungen der Tagespflege und der Nachtpflege
Rz. 4
Anders als die durch die Betreuung in einem Pflegeheim rund um die Uhr erfolgende vollstationäre Pflege ist die teilstationäre Pflege auf einen Teil des Tages beschränkt und erfolgt entweder tagsüber oder nachts (sog. Tagespflege und Nachtpflege) (vgl. Wahl, in: Udsching/Schütze/Wahl, SGB XI, § 41 Rz. 3). Im Vergleich zur Tagespflege spielte die Nachtpflege bisher nur eine geringe Rolle (Leitherer, in: KassKomm, SGB XI, § 41 Rz. 8).
Rz. 5
Die teilstationäre Pflege wird in Einrichtungen der Tages- oder der Nachtpflege durchgeführt. Während von § 41 Abs. 1 SGB XI nur zugelassene Pflegeeinrichtungen i. S. d. § 71 Abs. 2 SGB XI (Pflegeheime) umfasst sind, ist im Rahmen des § 64g auf den (weiteren) Einrichtungsbegriff des § 13 Abs. 2 SGB XII abzustellen. Danach kann teilstationäre Pflege grundsätzlich auch in Alten(wohn)heimen erbracht werden (Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 64g Rz. 19).
Rz. 6
Die Tagespflege entlastet dabei regelmäßig pflegende Angehörige, die tagsüber eine Berufstätigkeit ausüben. Die Nachtpflege kann z. B. Angehörigen ermöglichen, Nachtruhe zu finden, wenn der demente Pflegebedürftige eine Störung des Tag-Nacht-Rhythmus hat und nachts unruhig umherläuft (BT-Drs. 16/7439 S. 57). Sie wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn Pflegebedürftige Hilfestellung beim Zubettgehen, beim Aufstehen, bei der Bereitstellung von Nachtwachen und bei Maßnahmen der Körperpflege benötigen (Leitherer, a. a. O., § 41 Rz. 8).
2.2 Häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt und Erforderlichkeit zu deren Ergänzung oder Stärkung
Rz. 7
Die Gründe dafür, dass die häusliche Pflege nicht mehr in ausreichendem Umfang sichergestellt ist, können sowohl in der Person des Pflegebedürftigen begründet sein als auch in der Pflegesituation oder in einem Zusammenwirken dieser Umstände (Leitherer, a. a. O., § 41 Rz. 10). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht allein auf das Vorliegen objektiver Gründe an, sondern es sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu würdigen und insbesondere Wünsche der pflegebedürftigen Person und der Pflegeperson zu berücksichtigen (vgl. Wahl, a. a. O., § 41 Rz. 5; Diepenbruck, in: BeckOK SozR SGB XI, § 41 Rz. 6). Ist z. B. eine Entlastung der Pflegeperson geboten, ist die Tages- oder Nachtpflege zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich.
2.3 Inhalt der Leistung
Rz. 8
Anders als § 44 SGB XI enthält § 64g keine Definition der Leistungsinhalte. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 übernimmt die Pflegekasse die pflegebedingten Aufwendungen der teilstationären Pflege einschließlich der Aufwendungen für die Betreuung und die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Pflegebedingte Aufwendungen sind nach § 4 Abs. 2 SGB XI solche Aufwendungen, die für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind. Sie werden auch im Rahmen des § 64g übernommen. Nicht hierzu zählen jedoch grundsätzlich die Investitionskosten sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Dass die Aufwendungen für (soziale) Betreuungsmaßnahmen übernommen werden, ergibt sich zwar anders als im Rahmen der die stationäre Pflege regelnden Vorschrift (vgl. § 65 Satz 2 HS 1) nicht schon aus dem Gesetz. Allerdings folgt die Einbeziehung eigentlich schon aus dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Gemeint sind hiermit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Förderung der Kommunikation, mit zwischenmenschlichen Kontakten oder der Erledigung von Besorgungen um die Lebensqualität zu erhalten (vgl. Diepenbruck, a.a.O, § 41 Rz. 9 m. w. N.). Wie auch im Rahmen der stationären Pflege dürften Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglic...