0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Nachfolgenorm des § 568 Abs. 1 Satz 1 RVO wurde zum 1.1.1997 durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) in das SGB VII eingegliedert. Durch das SGB IX v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) erhielt sie mit Wirkung zum 1.7.2001 ihre an das SGB IX angepasste Fassung. § 49 a. F. setzte zusätzlich voraus, dass Versicherte "wegen dieser Leistungen eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können".
1 Allgemeines
Rz. 2
Das Übergangsgeld stellt den Lebensunterhalt in dem Zeitraum sicher, in dem infolge des Versicherungsfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. Es hat Entgeltersatzfunktion. Übergangsgeld erhalten aber auch Personen, die vor der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme kein Einkommen hatten. Die Höhe und die Berechnung des Übergangsgeldes regelt § 50.
Mit der Einführung des SGB VII wurde der Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" aufgegeben, so dass nun Übergangsgeld neben der Rente bezogen werden kann, ohne dass eine Verrechnung erfolgt. Die Rente wird in der abschließenden Aufzählung anzurechnender Sozialleistungen in § 52 Nr. 2 nicht genannt. Damit sollte eine Benachteiligung der Schwerverletzten abgeschafft werden. Zuvor erhielten Versicherte während der Teilhabe an Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation lediglich Übergangsgeld und keine Verletztenrente. Wer zur Eingliederung ins Arbeitsleben einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht bedurfte, erhielt sofort die regelmäßig höhere Verletztenrente. An der derzeitigen Rechtslage wird demgegenüber kritisiert, dass der kumulative Bezug von Verletztenrente und Übergangsgeld oft über dem letzten Nettogehalt liegt und damit eine Überversorgung herbeiführe. Dies verstoße gegen die Grundrechte der beitragspflichtigen Unternehmer aus Art. 12 und 14 GG (Römer, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 49 Rz. 2 m. w. N.). Ferner kommen neben dem Übergangsgeld Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV in Betracht (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 49 Rz. 5).
2 Rechtspraxis
2.1 Voraussetzungen
2.1.1 Unselbständige ergänzende Leistung
Rz. 3
Die Norm setzt voraus, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 35, der auf die Leistungen nach §§ 49 bis 55 SGB IX und auf die Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen nach §§ 57 und 58 SGB IX verweist, gewährt werden. Das Übergangsgeld ist eine unselbständige ergänzende Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 65 Abs. 2 SGB IX und daher als akzessorische Leistung abhängig von der Gewährung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 49 bis 52. Solange eine (bestimmte) berufliche Rehabilitationsmaßnahme nicht bewilligt wird, kann Übergangsgeld für diese nicht gewährt werden. In diesem Fall ist zunächst die Hauptleistung einzuklagen (BSG, Urteil v. 31.5.1989, 4 RA 50/88). Wegen des Verweises auf § 33 Abs. 5 SGB IX wird Übergangsgeld bereits in der Phase der Vorförderung vor der Hauptmaßnahme gezahlt.
Obwohl § 35 auf die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen verweist, soll bei Gewährung dieser Leistungen kein Anspruch auf Übergangsgeld bestehen, da die Versicherten hier ein Entgelt von der Werkstatt nach § 58 SGB IX und Arbeitsförderungsgeld nach § 59 SGB IX erhalten. Entsprechende Leistungen wären aber auch nach § 52 anzurechnen.
2.1.2 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Rz. 4
Der Anspruch auf Übergangsgeld besteht in den übrigen Fällen des § 35 unabhängig davon, ob die Leistung stationär, teilstationär oder ambulant erbracht wird oder Arbeitsunfähigkeit besteht oder der Betroffene wegen der Leistung zur Teilhabe an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit gehindert wird. Aus dem Sinn und Zweck der Norm, den Unterhalt zu sichern, der Entgeltersatzfunktion des Übergangsgeldes und aus der Formulierung "wie bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" in § 64 SGB IX wird klar, dass die Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben durch Übergangsgeld ergänzt werden. Das setzt jedenfalls einen hypothetischen Erwerbsschaden voraus (Feddern, in: BeckOGK SGB VII, § 49 Rz. 7).
Rz. 5
Nicht erforderlich ist, dass unmittelbar vor der Teilnahme an der Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation ein Anspruch auf Arbeitseinkommen bestand oder dass der Versicherte erwerbstätig war (BSG, Urteil v. 18.10.1984, 2 RU 71/83). Insofern unterscheidet sich das Übergangsgeld vom Verletztengeld. Diskutiert wird, ob auch Kinder, Schüler, Studenten und Hausfrauen einen Anspruch auf Übergangsgeld haben. Diese Frage wird relevant, wenn Kindern oder Jugendlichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung oder der Vorbereitung hierzu nach § 35 Abs. 2 gewährt wird. Hier wird vertreten, dass der Wortlaut zu weitgehend sei. Für den Bezug von Übergangsgeld müsse es hypothetisch möglich gewesen sein, dass während dieser Maßnahme ein Einkommen erzielt worden wäre. Daher habe die nichterwerbstätige Hausfrau einen Anspruch auf Übergangsgeld, das Schulkind indes nicht, da das Jugendschutzgesetz eine Erwerbstätigkeit verbiete (vgl. Köllner, in: Lauterbach, SGB VII, § 49 Rz. 9; Römer, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 49 Rz. 6). Da allein die Teilnahme an der Maßnahme die Ab...