Rz. 156

Für privilegierte junge Volljährige gelten grundsätzlich die Regelungen, wie sie zum Unterhalt minderjähriger Kinder dargestellt wurden (Rz. 24 bis 67). Folgende Besonderheiten sind zu beachten.

2.7.2.1.1 Maß des Unterhalts

 

Rz. 157

Nach § 1610 Abs. 2 BGB erfasst der Unterhaltsanspruch eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf. Deshalb unterfällt die Zeit der allgemeinen Schulausbildung grundsätzlich der Unterhaltspflicht. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt.

 

Rz. 158

Verzögert sich die Schulausbildung aufgrund eines vorübergehenden leichten Versagens, müssen dies die Unterhaltsverpflichteten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) hinnehmen (OLG Hamm, Beschluss v. 14.10.2004, 11 WF 168/04). Handelt es sich um ein schweres Versagen (mehrfaches Sitzenbleiben, Nachholen des Hauptschulabschlusses nach 2-fachem Abbruch einer Berufsausbildung) ist unter Abwägung aller Umstände, die zu der Verzögerung der Schulausbildung beigetragen haben, festzustellen, ob trotz der langen Schulzeit noch eine Erfolgsprognose gestellt werden kann (OLG Köln, Urteil v. 9.11.2004, 4 UF 90/04; OLG Thüringen, Beschluss v. 10.12.2004, 1 UF 122/03). Verletzt aber der junge Volljährige seine Obliegenheit, planvoll und zielstrebig seine Ausbildung durchzuführen, büßt er seinen Unterhaltsanspruch ein und muss seinen Lebensunterhalt selbst verdienen (OLG Hamm, Beschluss v. 14.10.2004, 11 WF 168/04: Hauptschulabschluss, danach 2-maliger Ausbildungsabbruch, danach Abbruch einer Maßnahme zur Berufsorientierung, dann Besuch eines Kollegs zur Erreichung der mittleren Reife).

 

Rz. 159

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt eines Elternteils oder beider Eltern wohnen, bemisst sich der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle.

2.7.2.1.2 Bedürftigkeit

 

Rz. 160

Ein Volljähriger ist grundsätzlich gehalten, seinen Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen (BGH, Urteil v. 6.12.1984, IVb ZR 53/83; OLG Hamm, Beschluss v. 14.10.2004, 11 WF 168/04; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.2.2004, 3 WF 8/04). Eine Bedürftigkeit kann deshalb nur angenommen werden, wenn der Volljährige aufgrund einer Ausbildung, deren Finanzierung zur Unterhaltspflicht gehört (§ 1610 Abs. 2 BGB), einer eigenen Erwerbstätigkeit nicht nachzugehen braucht. Auf den Unterhaltsbedarf ist aber die um eine Ausbildungspauschale verminderte Ausbildungsvergütung bedarfsdeckend anzurechnen (BGH, Urteil v. 26.10.2005, XII ZR 34/03, vgl. auch Rz. 40). Gleiches gilt für das Kindergeld (§ 1612b Abs. 1 BGB; vgl. dazu Rz. 42).

2.7.2.1.3 Teilschuldnerschaft

 

Rz. 161

§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, der den Betreuungsunterhalt mit dem Barunterhalt gleichstellt, findet für privilegierte Volljährige keine Anwendung. Mit Volljährigkeit werden Erziehungs- und Betreuungsleistungen, soweit nicht eine geistige oder körperliche Behinderung gegeben ist, nicht mehr geschuldet (BGH, Urteil v. 9.1.2002, XII ZR 34/00). Das gilt auch für privilegierte Volljährige, da das Privileg sich nicht auf § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bezieht (BGH, Urteil v. 9.1.2002, XII ZR 34/00).

 

Rz. 162

Beide Elternteile sind daher als Teilschuldner unterhaltsverpflichtet. Die Leistungen des Elternteils, der Wohnraum und Essen zur Verfügung stellt, sind zu monetarisieren (Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1606 Rz. 13).

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