Leitsatz
Ein volljähriger Sohn nahm seinen Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Er lebte im Haushalt seiner Mutter, war Schüler und erzielte kein eigenes Einkommen.
Der Vater ließ über den von ihm zu zahlenden Kindesunterhalt eine Jugendamtsurkunde errichten. Zwischen den Parteien bestand Einigkeit darüber, dass er im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse verpflichtet war, an den Kläger Unterhalt aus der 4. Altersstufe der Einkommensgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle, somit 350,00 EUR monatlich, zu zahlen. Die Parteien stritten sich darüber, ob von dem Tabellenbetrag das hälftige Kindergeld in Abzug zu bringen ist.
Der Kläger begehrte mit seiner Klage über den titulierten Unterhalt hinaus weitere 77,00 EUR monatlich. Der Beklagte begehrte Klageabweisung und berief sich darauf, dass § 1612b Abs. 5 BGB auf sog. "privilegierte" volljährige Kinder nicht anzuwenden sei.
Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, § 1612b Abs. 5 BGB komme bei sog. "privilegierten" volljährigen Kindern nicht zur Anwendung.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Kläger Berufung ein. Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 1612b Abs. 5 BGB scheide eine möglicherweise wünschenswerte entsprechende Anwendung auf sog. "privilegierte" volljährige Kinder aus. Dies ergebe sich bereits daraus, dass § 1612b Abs. 5 BGB davon ausgehe, dass der geschuldete Unterhalt in Vomhundertsätzen nach der Regelbetrag-Verordnung zu bestimmen sei. Dies sei jedoch nach § 1612a Abs. 1 BGB ausschließlich bei minderjährigen Kindern zulässig. An dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung ändere sich nichts dadurch, dass in der Düsseldorfer Tabelle neben den gesetzlich geregelten drei Altersstufen gem. § 1612a Abs. 3 BGB Unterhaltsbeträge für eine (gedachte) 4. Altersstufe ab dem 18. Lebensjahr vorgesehen seien und diese Beträge durch die Aneinanderreihung mit den jeweils geschuldeten Beträgen der 1. bis 3. Altersgruppe aus der gleichen Einkommensgruppe vom äußeren Erscheinungsbild her einem bestimmten Vomhundertsatz zuzuordnen seien (Scholz in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rz 515c; Soyka, Die Berechnung des Volljährigenunterhalts, 2. Aufl., Rz. 210; OLG Hamburg FamRZ 2003, 180 [183]; OLG Nürnberg FamRZ 2003, 1685, sowie nunmehr auch OLG Koblenz FamRZ 2004, 1132 unter Aufgabe von OLG Koblenz FamRZ 2002, 963).
Der teilweise in der Literatur und Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Auffassung sei nicht zu folgen.
Der Gesetzgeber habe gerade nicht in den §§ 1601 ff. BGB eine Bestimmung dergestalt aufgenommen, dass volljährige Kinder unter bestimmten Voraussetzungen minderjährigen Kindern gleichgestellt sein sollten, sondern eine derartige Gleichstellung speziell nur für die sog. gesteigerte Erwerbsobliegenheit gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB und für den Rang der Unterhaltsberechtigten angeordnet.
Gegen die Entscheidung des OLG hat der Kläger Revision eingelegt.
Hinweis
Der BGH hat in seiner Revisionsentscheidung vom 17.1.2007 zur Geschäftsnummer XII ZR 166/04 (FamRZ 2007, 542 ff.) die Auffassung des OLG Nürnberg bestätigt, wonach § 1612b V BGB auf privilegierte volljährige Kinder weder direkt noch entsprechend anwendbar ist.
Der BGH hat damit an seine grundlegende Entscheidung vom 26.10.2005 (BGHZ 164, 375 = FamRZ 2006, 99 ff.) angeknüpft, wonach beim Unterhalt volljähriger Kinder das staatliche Kindergeld in voller Höhe auf den Bedarf anzurechnen ist. Bereits aus der früheren Entscheidung ergab sich, dass dies nicht nur für in der Berufsausbildung befindliche Kinder gilt.
Die Entscheidung des BGH vom 17.1.2007 beendet einen langen Streit in der unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Urteil vom 15.07.2004, 7 UF 2116/04